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Südafrika 1


Horst Dichanz


Horst Dichanz berichtet über exemplarische Musikevents aus Südafrika.


Gabi Zahn


Gabi Zahn berichtet im Interview mit Horst Dichanz über die Kunst, Spendengelder für ihr Anliegen einzusammeln. Weiter...

 

 

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Cape Classic für Cape Kids

Seit dem offiziellen Ende der Apartheid in Südafrika hat die klassische Musik einen schweren Stand. Als Bestandteil des Eurozentrismus wird sie von der neuen Regierung zunächst abgelehnt und ihr die finanzielle Unterstützung entzogen. Erst allmählich brechen die Ressentiments auf, erste Projekte sprechen für das Entstehen einer völlig neuen Musikkultur.

Die Aufführungsorte, die locations, sprechen für sich und für eine ausgesuchte Qualität: Elegante Weinfarmen der gehobenen Klasse, romantische Herrenhaushöfe, ein Amphitheater, schließlich die Eingangshalle des Sasol Art Museums, eines Museums der Universität von Stellenbosch, alles in Cape Town, Stellenbosch und Umgebung.

In diesem Jahr kann Gabi Zahn, Initiatorin, Intendantin, Managerin und Motor nun schon zum achten Mal das Cape Classic Festival of Chamber Music mit zehn Konzerten für den gehobenen Geschmack an diesen erlesenen Orten in der Western Cape Provinz anbieten. Mit ihrer Charity-Reihe zielt sie auf ein Publikum, das für eine musikalisches Wellness-Programm empfänglich und außerdem bereit ist, durch Spenden und über die Eintrittspreise verschiedene soziale Projekte zu unterstützen, die von zwei Stiftungen gefördert und betreut werden.

In diesem Jahr reichen die Konzerte von Liederabenden über Streichquartette mit und ohne French Horn und Pianokonzerte bis zu einem Programm im Oude Libertas Amphitheater in Stellenbosch mit bekannten Arien, Medleys und Liedern.

So treten am 21. Februar die Mezzosopranistin Ann Katrin Naidu und der Bariton Virgil Mischok, am Piano begleitet von Boris Kuszenow, in einem Programm mit Schumann- und Schubert-Liedern in einem kühl-eleganten Raum der alten Weinfarm Babylonstoren auf. Ann Katrin Naidu begeistert die Zuhörer - die meisten wohl Westeuropäer - mit einem warmen, kräftigen und in allen Tonlagen sicheren, klangvollen Mezzosopran, die Dank ihrer Erfahrung auch bald den etwas halligen Charakter des Raums beherrscht. Der kurzfristig eingesprungene Bariton Mischok überrascht mit einer sicheren, voluminösen und tragfähigen jungen Stimme, die die unterschiedlichen Stimmungen der Lieder bestens zur Geltung bringt. Seine schon jetzt überzeugende Stimme ist noch entwicklungsfähig und macht auf seine weitere Entwicklung neugierig. Kuszenow begleitet die Solopartien und Duette zurückhaltend, gefühlvoll und lässt den Stimmen ihre volle Entfaltung.

Das Konzert zwei Tage später auf dem alten, im Cap-holländischen Stil errichteten, repräsentativen Weingut Blaauwklippen bestreiten ein Streichquartett und - eine seltene Besetzung - ein French Horn. Die erfahrenen Streicher Franz Peter Fischer, Martin Franke, Martin Vollmer und Friedmann Dressler präsentieren Mozart, Dauprat und Haydn. Sie haben zunächst Mühe, vor der wunderschönen Kulisse der Helderberge in der abendlichen Open-Air-Atmosphäre zu einem gemeinsamen Klang zu finden. Erst nachdem Amanda Kleinbart mit dem French Horn hinzukommt, schaffen die Musiker ein geschlossenes Klangbild, das den Reiz dieses nach außen getragenen Kammerkonzertes wieder herstellt.

Am letzten Abend dieser Konzertreihe präsentiert sich Boris Kuszenow, der in Babylonstoren noch als Liedbegleiter auftrat, als begabter Pianosolist. Von der klassischen Beethoven-Sonate über Brahms und Debussy bis zu den Klanggemälden von Chopin stellt er dem Publikum einen Ausschnitt aus mehreren Musikepochen vor und brilliert dabei mit wuchtigen Passagen ebenso wie mit glasklaren, zarten Läufen. Seine insgesamt eher zurückhaltende Intonation kommt der intimen Atmosphäre des Museums entgegen. Kuszenow bietet den Zuhörern ein Piano-Erlebnis, das sie mit anhaltendem Beifall belohnen.

Gabi Zahn hat inzwischen keine Probleme mehr, Musiker zu finden, die auch ohne Gage bereit sind, in Südafrika auftzutreten. Erfahrene Orchestermitglieder schätzen die Möglichkeit, in dem außergewöhnlichen Ambiente südafrikanischer Musikplätze aufzutreten. Für junge Musiker ist ein solches Engagement ein blitzender Stein in ihrer Musiker-Vita.

Die Initiatorin hat mit ihrem Engagement gleich drei Ziele erreicht: Sie bietet traditionsliebenden Zuhörern, meist deutsch oder deutschsprachig, musikalische Erlebnisse und Erinnerungen hoher Qualität. Interessierte, neugierige Musiker finden Aufrittsmöglichkeiten im außergewöhnlichen, gepflegten Ambiente einer anderen Kultur. Schließlich - am wichtigsten - sammelte sie bislang rund 50.000 Euro ein, um südafrikanische Kinder in ihrer schulischen und musikalischen Ausbildung zu fördern. Neuerdings kann sie mit Hilfe der zwei beteiligten Stiftungen früh erkannte musikalische Begabungen besonders fördern - eine ausgezeichnete Bilanz. Denn nach wie vor liegt der Schlüssel für eine Verbesserung der Lebensbedingungen vor allem schwarzafrikanischer Kinder in einer besseren Ausbildung.

Horst Dichanz, 28.2.2012, z.Zt. Stellenbosch

 


Die Weinfarm Babylonstoren ist einer
der Aufführungsorte der Kammermusik
für den guten Zweck.


Boris Koszunows Spiel gefällt sowohl in
der Begleitung als auch im Soloauftritt.


Streicherquarett mit French Horn


Amanda Kleinbart begeistert am French
Horn.


Das Sasol Art Museum gehört zur
Universität von Stellenbosch und bietet
in der Eingangshalle fast perfekten
Klang.

Fotos: Opernnetz