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Kinderoper mit Tiefgang


 
 

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Solidarität besiegt Leierkastenmänner

Das Salzburger Landestheater inszeniert die Kinderoper Brundibár. Was klingt, wie die übliche Meldung aus dem Spielplan, hat es in sich. Jungregisseur Karsten Bohn bringt mit 40 Kindern und großer Ausstattung eine Oper auf die Bühne, die auch und gerade heute nachdenklich stimmt. Dabei schont er nichts und niemanden – und die Kinder finden es gut.

Eine leere Bühne. Gegenlicht. Vierzig Kinder treten in Unterwäsche auf, in ihren Händen tragen sie ihre Kostüme. Sie werden sie schweigend anziehen, nachdem der 25-minütige Prolog beendet ist. Der Prolog existiert eigentlich nicht. Karsten Bohn hat ihn geschrieben, weil er erzählen will, was es mit dieser Oper, diesem Brundibár, auf sich hat.

Hans Krása wurde 1899 in Prag geboren und wuchs wohlbehütet als Sohn eines tschechischen Rechtsanwalts und einer deutschen Mutter auf. Früh begannen seine Eltern, sein musikalisches Talent zu fördern. Sein Lebensweg zeichnete sich schon in jungen Jahren ab. Als Komponist wurde er gefördert. Im Jahr 1942 wurde er als „assimilierter Jude“ nach Theresienstadt deportiert. Mit den Kindern im Lager inszenierte er die Hummel, so die Übersetzung von brundibár. Rund 55 Mal wurde die 35 Minuten währende Oper in dem Vorzeigelager aufgeführt, ehe Krása im Herbst 1944 in einem Massentransport, darunter viele der Kinder, die an der Aufführung der Oper beteiligt waren, nach Auschwitz verbracht und dort ermordet wurde.

Die Freundschaft der Kinder

Regisseur Bohn, der in Leipzig Theater- und Musikwissenschaften studiert und bereits mehrere Kinderopern inszeniert hat, will „seinen“ Kindern auf der Bühne und dem Publikum diese dunkle Seite der Entstehungsgeschichte nicht vorenthalten, die bei den Kindern in Theresienstadt einige Hoffnung geweckt haben mag, ehe viele von ihnen den Weg in den Tod gehen mussten. Dabei, und hier liegt die eigentliche Perversion, ist die Geschichte der Oper eine Geschichte der Solidarität. „Ihr müsst auf Freundschaft bau’n, den Weg gemeinsam gehen, auf eure Kraft vertrau’n, und zueinander steh’n“, ist die eigentlich simple Botschaft der Geschichte. Die Geschwister Aninka und Pepícek beschließen, auf der Straße zu singen, um für ihre Mutter Milch zu kaufen. Der Vater ist bereits gestorben. Doch der Leierkastenmann Brundibár vertreibt die Kinder und nimmt ihnen damit jede Möglichkeit, das Leben der Mutter zu retten. Aber die Kinder wehren sich.

„Am Ende heißt es, dass man füreinander da ist. Das klingt zwar altmodisch, ist aber ein Wert, der heute noch genau so zählt“, erklärt Bohn seinen Inszenierungsansatz. Um den auf der Bühne umzusetzen, stehen dem Regisseur der Sänger und Schauspieler Hubert Wild als Hans Krása und 40 Kinder des Salzburger Festspiele und Theater Kinderchors, gemeinsam mit Musikern der Camerata Salzburg und des Mozarteumorchesters unter der musikalischen Leitung von Wolfgang Götz zur Verfügung. Insbesondere die Arbeit mit den Kindern im Alter von 6 bis 15 Jahren hat für Bohn einen besonderen Reiz. „Du musst mit den Kindern einen freundschaftlichen Kontakt auf Augenhöhe aufbauen und pflegen. Wenn sie sich ernst genommen fühlen, bekommst du eine tolle Zusammenarbeit“, erklärt der Regisseur, wie er 40 Kinder auf der Bühne führt. Mit hoch konzentrierten, lernenden und verstehenden Kindern kann er die Oper auch so verwirklichen, wie er sich das vorstellt: „Ich habe da keine großen Einschnitte gemacht, sondern ich versuche, in aller Klarheit die Geschichte zu erzählen, versuche nicht, abzumildern oder weich zu spülen, sondern will die Sozialkritik, die in dem Stück steckt, aufzeigen.“ Dass die Geschichte am Ende gut ausgeht, mag – auch für die Kinder – in einer Zeit, in der es üblich geworden zu sein scheint, die Solidarität aufzukündigen, ein gutes Zeichen sein. Dass eine starke soziale Gemeinschaft unabhängig von Schicht und Stand von überlebenswichtiger Bedeutung ist, bringt der Chor, der zum ersten Mal im Mittelpunkt einer Oper steht, seinem Publikum zum Abschluss eindrucksvoll näher: Die Kinder legen auf der Bühne ihre Kostüme wieder ab, als die Aufführung beendet ist. Denn es hilft auch eitler Putz nicht: Am Ende sind wir alle gleich.

Michael S. Zerban, 17.2.2013

 


Nach Die kleine Zauberflöte und
Aschenputtel im Schloss inszeniert das
Salzburger Landestheater jetzt eine
neue Kinderoper.


Schauspieler Hubert Wild stellt den
Komponisten Hans Krása im Stück dar.


Regisseur Karsten Bohn versteht es,
die Kinder für das nicht ganz einfache
Stück zu sensibilisieren und zu
begeistern.


Rund eine Stunde dauert es, bis die
Kinder des Salzburger Festspiele und
Theater Kinderchors triumphieren
dürfen.