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Falsche Mozart-Bilder


Die Kuratorin


Gabriele Ramsauer ist in Salzburg geboren und hat dort auch Kunstgeschichte studiert. Nach Zwischenstationen in Baden-Württemberg und Ravensburg kehrte sie nach Salzburg zurück. Zunächst als Leiterin des Mozart-Archivs, bis heute als Museumsdirektorin des Mozarteums.
 

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Die Wahrheit der Bilder

Die alljährlich Ende Januar stattfindende Mozartwoche in Salzburg wirft ihre Schatten voraus. Die Vorbereitungen zur begleitenden Ausstellung Mozart-Bilder – Bilder Mozarts. Ein Porträt zwischen Wunsch und Wirklichkeit enthüllen neue Erkenntnisse zu den Bilderwelten um Mozart.

Seit fast sechzig Jahren gibt es die Mozartwoche in Salzburg. Herausragende Orchester, Ensembles und Interpreten sollen so Mozart immer wieder neu erlebbar machen. In diesem Jahr steht neben Orchester-, Kammer- und Solistenkonzerten auch die Oper Lucio Silla als Inszenierung auf dem Programm. Außerdem wird zum ersten Mal das neu gegründete Mozart-Kinderorchester präsentiert. Die eigentliche Überraschung des diesjährigen Festivals aber kommt aus einer ganz unerwarteten Ecke. Genauer aus dem Mozart-Wohnhaus am Makartplatz. Dort wird derzeit die Sonderausstellung Mozart-Bilder – Bilder Mozarts. Ein Porträt zwischen Wunsch und Wirklichkeit vorbereitet. Die Stiftung Mozarteum Salzburg besitzt nach eigenen Angaben die größte Sammlung originaler Mozart-Porträts. Für die Ausstellung, die zeitgleich mit der Mozartwoche beginnt und bis Mitte April zu sehen sein soll, werden diese Bilder zu einer Gesamtschau der bekannten zeitgenössischen Mozartbildnisse zusammengestellt. Dabei soll es auch zu einer Gegenüberstellung mit fraglichen oder kürzlich gefundenen und zugeschriebenen Mozart-Porträts kommen. Da lohnt schon mal ein genauerer Blick auf die Bilder. Und siehe da: Erstaunliches kommt zu Tage.

Überraschungen in Serie

„Zweifel, ob auf dem Bild Mozart dargestellt ist, gab es schon längere Zeit“, bestätigt Gabriele Ramsauer, Leiterin des Kuratoren-Teams, das die Ausstellung vorbereitet. Nun gibt es Sicherheit. Der Knabe mit dem Vogelnest ist eine Fälschung. 1924/25 hatte das Mozarteum das Ölbild erworben, zunächst in der Annahme, es sei von dem Maler Joseph Zoffany geschaffen worden. Auch diese Annahme hat sich inzwischen als falsch herausgestellt. Damit steht dann auch das Herstellungsjahr 1764 in Frage. Mit den Entstehungsdaten scheint das bei älteren Bildern so eine Sache zu sein. So wurden wohl schon zu Lebzeiten Wolfgang Amadeus Mozarts Porträts im Kupferstich veröffentlicht. Die Stiftung Mozarteum besitzt ein Exemplar der Grafik Signor Mozart von Heinrich Philipp Carl Bossler, die bis vor einigen Jahren im Jahr 1795, also nach dem Tode des Komponisten, verortet wurde. Bis Hans Schneider nachwies, dass die Grafik aus dem Jahr 1784 stammt und also ein authentisches Mozart-Bild ist. Nachgewiesen werden konnte auch, dass eine Miniaturmalerei auf Elfenbein, im Messingrahmen unter Glas, eingelassen in eine Tabakdose aus Schildpatt, tatsächlich das einzige Porträt ist, auf dem er nach 1781 bis zu seinem Tod „en face“ dargestellt wird. „Im Zuge der Aufarbeitung sämtlicher Dokumente und Quellen konnte dieses Porträt eindeutig als Mozartbildnis von 1783 identifiziert werden“, erzählt Ramsauer. Die Miniatur ähnelt wohl dem 1829 entstandenen Stich des Dresdner Kupferstechers Gottschick. Der beruft sich bei diesem Stich auf eine Miniatur von Grassi. Das Porträt auf der Dose könnte durchaus eine Arbeit Grassis sein, da sich Mozart und der Maler in Wien begegnet sind.

Geänderte Sichtweisen

Und damit der Entdeckungen nicht genug. Nach Ansicht der Kuratoren muss eines der bekanntesten Mozartbildnisse völlig neu gesehen werden. Das bislang als unvollendet geltende Bildnis, das Schwager Johann Joseph Lange im Frühjahr 1789 mit Öl auf Leinen anfertigte, ist ursprünglich nicht mehr als ein kleines Brustbild des Komponisten. Eigentlich war das Bild zu Lebzeiten Mozarts vollendet, wurde aber dann auf eine zweite Leinwand geklebt. Die Seitenflächen wurden, um den Niveauunterschied auszugleichen, mit Bleiweiß grundiert und mit einer weiteren Leinwand belegt. Erst anschließend wurden die nun auf dem Bild sichtbaren „unvollendeten“ Partien ausgeführt. Warum und wer diesen Aufwand betrieb, ist bislang nicht bekannt. Während die Kuratoren also mit spannenden Geschichten zur neuen Ausstellung aufwarten können, hält Matthias Schulz, Künstlerischer Leiter der Stiftung Mozarteum, weitere Überraschungen bereit. „Es entspricht dem großen Anliegen der Stiftung Mozarteum, Mozart auch immer mit Zeitgenössischem und der Gegenwart zu verbinden“, erklärt Schulz. Deshalb wurden die beiden bildenden Künstler Bernhard Martin und Martin Marc Brandenburg eingeladen, auf die in der Ausstellung gezeigten historischen Porträts mit zeitgenössischen Interpretationen zu antworten. Diese Werke werden im Foyer des Großen Saals der Stiftung zu sehen sein.

Michael S. Zerban, 11.1.2013

 


Der Knabe mit dem Vogelnest ist eine
Fälschung und stellt nicht den jungen
Mozart dar, wie lange angenommen.


Das Bild von Mozarts Schwager Johann
Joseph Lange ist nicht etwa
unvollendet, sondern später in ein
größeres Bild eingefügt worden.


Im Röntgenbild wird die Veränderung
sichtbar. Warum das Bild verändert
wurde, ist weiterhin unklar.


Ein echter Mozart en face: So haben
die Kuratoren es jetzt nach
Quellenlage herausgefunden.

Fotos: Mozarteum Salzburg