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Opernstudio XXL


 
 

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Belcanto für den Nachwuchs

Opernstudios haben allgemein die Aufgabe, den Nachwuchs auf seine Herausforderungen auf der Bühne vorzubereiten. Das ist in Rom nicht anders als in Düsseldorf oder Krefeld. Manchmal aber werden auch noch ganz andere Ziele damit verfolgt – und da ist es dann gut, wenn die Dimensionen gleich anders angelegt werden.

Die Accademia Nazionale di Santa Cecilia in Rom gehört zu den wohl ältesten Musikinstitutionen der Welt. 1585 gegründet, ist ihre ehrenvollste Aufgabe, den musikalischen Nachwuchs aus der gesamten Welt zu schulen. Wer sie deshalb hinter ehrwürdigen, alten Gemäuern vermutet, hat nur teilweise recht. Unterhalb der Spanischen Treppe, kaum einen Steinwurf entfernt, liegt das Büro des Präsidenten. Sein holzgetäfeltes Arbeitszimmer ist mit stilvollen, schweren Möbeln ausgestattet, geeignet, jedwedem Besucher, der bis hierhin vordringt, einen würdigen Empfang zu bereiten. Schwere Teppiche schlucken jedes Geräusch von Schritten. In einem benachbarten Versammlungsraum die klassische Ahnengalerie berühmter Präsidenten und Dirigenten der Akademie. Und von da an ist Schluss mit Historie. Der eigentliche Sitz der Akademie ist das Auditorium Parco della Musica im Stadtteil Flaminio. Dort hat Renzo Piano einen Gebäudekomplex für die Musik errichtet, der seinesgleichen in der Welt sucht. Hier haben das Orchester und die verschiedenen Chöre ihre Arbeitsplätze. In den futuristischen Gebäuden mit ihrer verbürgt hervorragenden Akustik sitzt auch das Opernstudio der Akademie. Während in Deutschland etwa fünf bis acht Nachwuchskünstler Gelegenheit bekommen, am Jahrgang eines Opernstudios teilzunehmen, sind es an der römischen Akademie bis zu 25 Schülerinnen und Schüler.

„Die Initiative, ein Masterprogramm für den Operngesang aufzulegen, entstammt dem Willen, ein außerordentliches kulturelles Erbe zu bewahren, nämlich das der Oper und des Belcanto“, erklärt Renata Scotto, international ausgezeichnete Sängerin und Leiterin des Studios seit Beginn, die Zielsetzung des Opernstudios. Es geht also in erster Linie nicht darum, Nachwuchs auszubilden, sondern vor allem, Multiplikatoren zu finden, die den Schatz der italienischen Kultur vom Beginn des 17. Jahrhunderts an in die Welt hinaustragen. Seit der Gründung des Studios 2004 haben bereits mehrere hundert Schüler unterschiedlichster Nationen das Santa Cecilia Opernstudio absolviert. Für viele von ihnen der Beginn einer internationalen Karriere.

„Während des ein- bis zweijährigen Opernstudios haben die Teilnehmer ein umfangreiches Programm zu absolvieren“, erzählt Cesare Scarton, der den Schülern Schauspiel, Bewegung und italienische Diktion beibringt. In Einzel- und Gruppenunterricht werden die Eleven auf Vorsingen und Wettbewerbe, auf Bühnen- und Gesangsrollen vorbereitet. Anna Vandi, Dozentin für Stimmtechnik, kümmert sich mit um die Organisation der Einsatzmöglichkeiten ihrer Schützlinge. Neben den eigenen Aufführungen und einem öffentlichen Abschlusskonzert, wie es ja auch durchaus in anderen Opernstudios inzwischen üblich ist, sorgt das Dozententeam auch dafür, dass die Opernstudio-Teilnehmer in anderen Theatern und Festivals in Italien und im Ausland zum Einsatz kommen.

In Deutschland bekommen die Teilnehmer eines Opernstudios in der Regel das Gehalt, das auch ein Ensemble-Mitglied zu Beginn seines Engagements erhält. Die römische Akademie lässt sich die Ausbildung bezahlen. Allerdings sind die Summen eher mit einer Aufwandentschädigung als mit Studiengebühren zu vergleichen und mit allerlei Vergünstigungen verbunden. Eine weitere Besonderheit des akademischen Opernstudios liegt darin, dass es sich um eine halboffene Konstruktion handelt. So können auch Interessenten, die nicht feste Teilnehmer des Opernstudios sind, an einzelnen Veranstaltungen bis hin zur individuellen Betreuung durch die Dozenten teilnehmen. Voraussetzung für alle Aktivitäten ist ein kostenpflichtiges Vorsingen. Ein begleitender Pianist wird übrigens von der Akademie gestellt. Aber, so ist in der Broschüre zu lesen, wer sich von einem eigenen Klavierspieler begleiten lassen möchte, soll das ruhig tun.

Michael S. Zerban, 25.7.2012

 


Bis zu 25 Teilnehmerinnen und
Teilnehmer hat ein Jahrgang im
römischen Opernstudio.


Bruno Cagli, Präsident und Intendant
der Accademia Nazionale di Santa
Cecilia, liegt die Förderung des
Nachwuchses besonders am Herzen.


Der feierliche Abschluss krönt die
Ausbildung im Opernstudio. Da
unterscheidet sich die römische
Akademie nicht von anderen
Ausbildungsstätten.


Vor den "Heiligen Hallen" des Parco
della Musica in einem Vorort von Rom.

Fotos: Accademia Nazionale