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Nürnberger Mäzenin


 
 

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Aussterbende Tugend

Ein Mäzen ist eine Person, die selbstlos finanziell eine Angelegenheit oder andere Menschen unterstützt, von deren Notwendigkeit oder Anliegen sie überzeugt ist. Eine Menschengattung also, die auszusterben scheint. Ganz anders in Nürnberg. Dort sorgt Henriette Schmidt-Burkhardt dafür, dass es an vielen Stellen etwas runder läuft. Unter anderem bei der Opernsparte des Staatstheaters. Ihr Motiv verschweigt die Wohltäterin nicht: Ihr gefällt die Arbeit des Staatsintendanten so gut. Damit ist für sie alles gesagt.

Die ältere Dame lässt sich in den Sessel im Foyer des Opernhauses gleiten. Sie ist ein wenig erschöpft, aber glücklich. Beim Neujahrskonzert konnten die Philharmoniker unter der Leitung von Marcus Bosch das Publikum mit eher selten gehörten Stücken von Wagner, Verdi, Strauss und Konsorten begeistern. Jetzt gibt sie sich für einen Moment ganz der Glückseligkeit hin, die sich nach einem gelungenen Konzert schon mal einstellt, streicht das elegante nachtblaue Kleid glatt und schaut sich entspannt in der Halle um. Sie ist gern hier, am liebsten, wenn sie nicht im Mittelpunkt stehen muss.

Im Zentrum der Ereignisse stand Henriette Schmidt-Burkhardt eigentlich Zeit ihres Lebens. Nach dem Abitur studierte sie Pädagogik und wurde Volksschullehrerin. Nach dem Krieg heiratete sie Rudolf Schmidt, der mit seinem Bruder Martin ein Lebensmittelunternehmen betrieb. Der Vater hatte Lebkuchen Schmidt gegründet. Seine Idee: Er baute einen Versandhandel für Lebkuchen auf. Später kam die Produktion dazu. Das Geschäft boomte. In den ersten elf Jahren ihrer Ehe arbeitete Schmidt-Burkhardt weiter als Lehrerin. Sie interessierte sich nicht sonderlich für das Lebkuchengeschäft. Das änderte sich erst, als ihr Mann und drei Jahre später dessen Bruder starben. Verkaufen galt nicht. Also musste sie sich durchbeißen. Ihr Schwiegervater und Firmengründer E. Otto Schmidt war ihr dabei Vorbild. „Er hat anfangs auch nichts gewusst von Lebkuchen, aber er sagte: ‚Man kann alles lernen‘“, erinnert Schmidt-Burkhardt sich, die bis heute in der Produktion in Nürnberg-Langwasser ihre zweite Heimat hat. Die Lehrerin hat gelernt. Die Geschäfte florieren.

Engagiert in der Geburtsstadt

Ohne Nachkommen hat die Unternehmerin ausreichend Zeit, sich um das Geschehen in ihrer Geburtsstadt zu kümmern. Und die Stadt braucht sie. Wie in jeder anderen Metropole auch, zündelt es in Nürnberg an allen Ecken. Schmidt-Burkhardt unterstützt, wo sie kann: Beim Nürnberger Eishockeyteam Ice Tigers feierte sie als Hauptsponsorin bei den Siegen mit, an der Universität Erlangen-Nürnberg schafft sie einen Lehrstuhl für Lebensmittelchemie, mit dem Rudolf-Schmidt-Gedächtnispreis unterstützt sie ausgezeichnete Dissertationen. Und seitdem Staatsintendant Peter Theiler die Geschicke des Staatstheaters leitet, fließt auch Geld in die Oper. Der gefällt ihr.

„Ich bin froh, dass es so etwas wie Mäzenatentum überhaupt noch gibt. Uneigennützig, ohne vertraglich festgelegte Formen der Gegenleistung, wird damit künstlerische Arbeit ermöglicht“, zeigt Theiler sich dankbar. Zwar kann er sich ohnehin nicht über mangelndes privates Engagement beklagen – sowohl das Staatstheater an sich als auch jede Sparte haben einen Unternehmenssponsor. Aber dass eine einzelne Privatperson die Oper mit einer jährlichen Zuwendung unterstützt, die in der Summe alle anderen Sponsoren zusammen übersteigt, gehört nicht zu den täglichen Erfahrungen eines Theaterleiters. Es sei denn, er sitzt in Nürnberg und leistet so gute Arbeit wie Theiler. Henriette Schmidt-Burkhardt jedenfalls ist davon so begeistert, dass sie dem Staatstheater ein Weihnachtsgeschenk der besonderen Art präsentierte: Sie hat die Zuwendung aus ihrem Privatvermögen für die Oper jetzt über einen längeren Zeitraum notariell festlegen lassen.

Groß war die Freude am Staatstheater und eilends ließ der Intendant eine Pressekonferenz einberufen, um die erfreuliche Neuigkeit der Öffentlichkeit zu verkünden. Ebenso schnell mussten die Journalisten wieder ausgeladen werden. Henriette Schmidt-Burkhardt ist ihrem Motto, das schon für ihr Unternehmen galt, treu geblieben: Wenn Geld da ist, es also rund läuft, braucht man über Geld nicht zu reden. Was, so die Lebkuchenfabrikantin, hätte sie also auf einer solchen Veranstaltung sagen sollen? Stattdessen sitzt die Wohltäterin lieber in einem Sessel des Opernfoyers und genießt die Gewissheit, ihren Teil dazu beigetragen zu haben, dass die Arbeit Theilers und seines Opernteams weitergehen kann.

Großzügig und schweigsam

Es ist nicht genau bekannt, wie viele solcher uneigennütziger Wohltäter es gibt, die die Arbeit kultureller Institutionen unterstützen. Großzügigkeit und Verschwiegenheit sind wohl ein Geschwisterpaar. Absehbar, wie lange es dauert, bis die Kommunen anfangen, solche Gelder fest einzurechnen, um ihre eigenen Budgets zu schonen. Spätestens dann dürfte es vorbei sein mit der Generosität von Menschen, die gerne abgeben, weil sie selber genug zum Leben haben. Bis dahin aber ist es schön zu wissen, dass Märchen eben manchmal doch wahr werden.

Michael S. Zerban, 9.1.2013

 


Schon länger unterstützt Henriette
Schmidt-Burkhardt Einzelprojekte des
Staatstheaters, wie die Gluck-Opern-
Festspiele.


Samson und Dalila ist eine der ersten
Produktionen, die Schmidt-Burkhardt
durch ihr regelmäßiges Engagement
mit ermöglicht.


Auch Übernahmen, wie Silk Stockings
aus Gelsenkirchen, sind nun eher mal
möglich und bereichern die
Kulturvielfalt der Stadt.


Passender könnte der Titel der
Operette kaum sein, für die sich
Schmidt-Burkhardt in der Spielzeit
2009/10 engagierte: Sweet Charity.


Das Musikleben ihrer Stadt hat
Schmidt-Burkhardt immer am Herzen
gelegen. Gluck & Friends, ein Cross-
over-Projekt mit der Thilo-Wolff-Big-
Band, fand ebenfalls ihre
Unterstützung.

Fotos: Staatstheater Nürnberg