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Klanglandschaften


 
 

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Are you ready?

In der Reihe Klanglandschaften Afrika und Orient des Theaters an der Ruhr tritt eine afrikanische Band auf. Ein an sich gelungener Abend, wenn die Gastgeber ihn ordentlich vorbereitet hätten.

In eingeweihten Kreisen zählt der Schlagzeuger und Sänger Koto Brawa aus dem westafrikanischen Staat Burkina Faso zu den herausragenden Vertretern des Afro-Beat. Musikalisch verbindet er burkinische Klänge, Klangfarben und Rhythmen mit Elementen aus Funk, Blues und Jazz. Seine Liedinhalte kreisen in engagierten Texten um die Rechte von Kindern, um Korruption und Machtmissbrauch in seiner Heimat.

Koto Brawa erscheint lässig, eher beiläufig auf der Bühne, gekleidet in eine weiss-afrikanische Tracht mit dekorativen Aufdrucken. Mit leichten, minimalen Schlägen beginnt er, auf seinen Congas afrikanische Rhythmen zu spielen, erst verhalten, dann immer kräftiger, eindringlicher. Allmählich nimmt er weitere Schlaginstrumente dazu, dann ergänzen Desiré Somé, Jean-Baptiste Meyer-Bisch und Alain Nyame mit zwei Solo-Gitarren und einer Bass-Gitarre den Sound. Je mehr die anderen Instrumente mitspielen, umso stärker klingen Funk und Jazz mit. Aber kein Zweifel, Koto Brawa ist der leader, der Tempo und Dynamik vorgibt. Diese Musik hat man schon gehört. Am originellsten wirken die Teile des Auftritts, in denen Koto Brawa auf Rhythmen und Klänge seiner Heimat zurückgreift. Von ihnen gehen wunderschöne emotionale Impulse aus, mal überschäumend, fröhlich, schnell, mal ruhig, melancholisch, fast meditativ. Und dazu treibt die Musik, getragen von einer ostinaten bass drum in überraschendem Drive vorwärts. Hiervon scheinen auch die Zuhörer am ehesten angesprochen. Die Versuche der Musiker, sie zum Mitsingen oder Tanzen zu bewegen, finden kaum ein Echo. Nur eine Handvoll Besucher kann sich dazu entschließen. Das Klima in Burkina ist eben anders als das an der Ruhr.

Leider gibt es keinerlei Zugang zu den Texten. Die wenigstens Zuhörer sind einer  der drei bis zwölf burkinischen Regionalsprachen mächtig. Gelegentliche französische oder englische Brocken reichen nicht aus, die Inhalte auch nur ansatzweise zu enträtseln. Schade, weil Koto Brawa sich auf den Lebensalltag in seiner Heimat bezieht. Dieses Defizit hätten die deutschen Gastgeber beheben können, zum Beispiel durch Texthilfen oder eine Moderation.

So bleibt der Eindruck eines musikalisch interessanten, afrikanische Wurzeln weiterführenden Abends zum Verständnis einer „anderen“ Musik, das viele Besucher gern intensiviert hätten. Die Frage „Are you ready?“ von Koto Brawa ins Publikum kann man ehrlicherweise nur beantworten mit „Not yet!“.

Bei den vier weiteren Abenden der Reihe Klanglandschaften Afrika und Orient, die das Theater an der Ruhr gemeinsam mit dem Kultursekretariat NRW und dem Westdeutschen Rundfunk durchführt, gäbe es noch Gelegenheit.

Horst Dichanz, 18.1.2012

Fotos: Opernnetz