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Geburtstag in Leipzig


 
 

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Herzlichen Glückwunsch, Richard Wagner

Mit einem feierlichen Festakt ehrt die Stadt Leipzig am heutigen 22. Mai den 200. Geburtstag ihres großen Sohnes Richard Wagner. Und erstmalig wird der Richard-Wagner-Preis der Richard-Wagner-Stiftung Leipzig verliehen. Die Familie Wagner ist zahlreich versammelt. Neben den beiden Geschäftsführerinnen der Bayreuther Festspiele, Katharina Wagner und ihrer Schwester Eva Wagner-Pasquier, haben sich auch Nike, Sophie, Daphne und Wolf Siegfried Wagner im Leipziger Opernhaus zum Festakt eingefunden. Im Bühnenhintergrund laufen Projektionen mit historischen Bildern und Fotos, die Wagners Leben und Schaffen in Leipzig dokumentieren.

Eröffnet wird der Festakt mit dem Vorspiel zu Die Meistersinger von Nürnberg. Diese Ouvertüre wurde 1862 in Leipzig sechs Jahre vor der Uraufführung der Oper erstmalig gespielt. Und dieses Werk stand auch bei der Wiedereröffnung der Oper Leipzig 1960 auf dem Plan, und natürlich in einer Neuinszenierung 2010 zum 50. Geburtstag der Oper Leipzig. Folgerichtig übernimmt das Werk bei diesem Festakt den musikalischen Hauptpart. Ulf Schirmer dirigiert das Meistersinger-Vorspiel schon fast majestätisch erhaben, mit wohltuender Differenzierung und leuchtenden Farben.

Treffende Worte

Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung führt die Liste der Festredner an. Leipzig sei Teil der Wagnerschen Welt. "Wir sind stolz in Leipzig über so viel Geistesgröße", sagt Jung. Denn neben Wagner sind es vor allem Bach, Mendelssohn-Bartholdy, Schumann, Mahler und Grieg, die das musikalische Leben dieser Stadt geprägt haben. Jung erinnert aber auch an die Völkerschlacht in Leipzig von 1813 und die antisemitische Haltung Wagners vor allem gegenüber Mendelssohn-Bartholdy, dem langjährigen Leipziger Gewandhaus-Kapellmeister. Stanislaw Tillich, Ministerpräsident von Sachsen, betont das Schaffen Wagners in Leipzig und Dresden und bezeichnet ihn als einen "glühenden Verfechter der Freiheit der Kunst". Tillich schließt mit der bemerkenswerten Erkenntnis: "Richard Wagner ist Sachse". Die Grüße der Bundesregierung übermittelt in Vertretung der Kanzlerin Thomas de Maizière, Bundesminister der Verteidigung. Auch er geht auf die unterschiedlichen Aspekte von Wagners Persönlichkeit ein und zitiert den Dirigenten Christian Thielemann mit den Worten "C-Dur kann nicht politisch sein", wofür er spontan Applaus erhält.

Mit einem dynamischen und strahlenden Vorspiel zum dritten Aufzug von Lohengrin kommt das Gewandhausorchester Leipzig unter Ulf Schirmer zu seinem zweiten Einsatz. Es folgt nun ein durchaus kurioser Auftritt. Katharina Wagner, Urenkelin Richard Wagners und Geschäftsführerin der Bayreuther Festspiele, tritt ans Rednerpult. Doch statt der erwarteten Laudatio auf ihren Urgroßvater gibt es nur wenige Worte von ihr:"Richard Wagner ist Leipziger, aber auch Bayreuther". Sie freue sich auf die Kooperation von Bayreuth mit Leipzig, was die Frühwerke Wagners anbelange, und dann erklärt sie dem erstaunten Publikum, dass in Bayreuth ja auch gefeiert werde und sie deshalb leider den Festakt schon verlassen müsse. Sprach‘s und verschwand. Das führt zu einer peinlichen Situation, denn nun sollte eigentlich der Wach-auf-Chor aus dem dritten Aufzug der Meistersinger erklingen, doch der Chor ist noch gar nicht da. Ulf Schirmer nimmt es gelassen und wiederholt einfach das schon gehörte Vorspiel zum dritten Aufzug Lohengrin. Anschließend erscheint der Chor, bekommt dafür Extra-Applaus und präsentiert mit getragenem Pathos den Wach-auf-Chor.

Erstmalige Preisverleihung

Es erfolgt nun die erstmalige Verleihung des Richard-Wagner-Preises der Richard-Wagner-Stiftung Leipzig. Erster Preisträger ist der Schriftsteller und Publizist Friedrich Dieckmann, der mehrere Bücher über Wagner und sein Schaffen veröffentlicht hat und für sein herausragendes publizistisches Schaffen geehrt wird. In seiner Dankesrede, die den üblichen zeitlichen Rahmen deutlich sprengt, geht Dieckmann noch einmal intensiv auf die prägenden Faktoren der Leipziger Zeit, vor allem auf Wagners Lehrjahre ein.

Zweiter Preisträger ist der israelische Pianist und Korrepetitor Ammiel Bushakevitz, der sich sehr intensiv mit Wagner und seinem Schaffen beschäftigt. Er sei "stolzer Leipziger und stolzer Wagnerianer", verkündet Bushakevitz. Der Preis sei Ehre und Motivation zugleich. Und dann prägt er den wohl nachhaltigsten und beeindruckendsten Satz dieser Veranstaltung: "Als Jude und als Mitmensch sage ich: Danke Wagner – Danke Leipzig!" Dafür erhält Bushakevitz großen Applaus.

Der Festakt endet mit der Schlussansprache des Hans Sachs Verachtet mir die Meister nicht, und ehrt mir ihre Kunst aus dem dritten Aufzug der Meistersinger von Nürnberg. Wolfgang Brendel, der die letzten zwei Meistersinger-Vorstellungen in Leipzig kurzfristig absagen musste, wirkt bei dieser Ansprache auch heute etwas angeschlagen. Dennoch verfügt er über eine große Ausstrahlung in dieser Rolle, und musikalisch schließt sich der Leipziger Kreis um Richard Wagner an seinem 200. Geburtstag. Herzlichen Glückwunsch!

Andreas H. Hölscher

 


Großartige Eröffnung des Festaktes für
den Komponisten Richard Wagner mit
dem Vorspiel zu Die Meistersinger von
Nürnberg.


Ulf Schirmer, musikalischer Leiter des
Festakts, empfiehlt sich mit seinem
Dirigat für höhere Weihen.


Wolfgang Brendel begeistert mit
großer Ausstrahlung und der
Schlussansprache des Hans Sachs
in den Meistersingern.


Katharina Wagner beschränkt sich
auf den Hinweis auf die gute
Zusammenarbeit zwischen Leipzig und
Bayreuth, ehe sie zur eigenen Feier
nach Bayreuth entschwindet.


Die ersten Preisträger des neu
geschaffenen Richard-Wagner-Preises
sind Anmiel Bushakevitz und Friedrich
Dieckmann.

Fotos: Jens Schlüter