Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

NEWS 

Neue Tanzsparte


 

Holger Schultze


Intendant Holger Schultze, seit der vergangenen Spielzeit für die Geschicke des Theaters Heidelberg verantwortlich, will den Tanz am Haus etablieren.

Nanine Linning


Die gebürtige Niederländerin Nanine Linning ist Künstlerische Leiterin und Chefchoreografin der Dance Company Nanine Linning/Theater Heidelberg.

Iris van Herpen


Modedesignerin Iris van Herpen begeistert mit innovativen Kostümen, wie sie sie auch in der Uraufführung von Zero präsentieren wird.

 

 

zurück       Leserbrief

Neustart am Neckar

Während andere Häuser darüber diskutieren, ob und welche Sparten sie abbauen, geht das Theater Heidelberg andere Wege. Nachdem eine Kooperation mit Freiburg eher unbefriedigend ausfiel, hat Intendant Holger Schultze jetzt die Tanzsparte mit der Dance Company Nanine Linning fest am Haus etabliert.

Aufstehen! Mit einem Handstand schwingt der junge Mann sich aus dem Bett. Auf seinem temporeichen Weg durch die Innenstadt von Heidelberg trifft er auf immer mehr tanzende, wirbelnde, springende Menschen, die sich ihm anschließen. Nach knapp anderthalb Minuten kommt die Tanztruppe am Theater Heidelberg an und betritt eine neue Ära des frisch sanierten Theaterhauses. Die Dance Company Nanine Linning ist im Theater Heidelberg angekommen. Zu sehen ist dieser erfrischende Einstieg im Video Tanzvisite, mit dem sich die Tänzer empfehlen.

Die Touristen- und Studentenstadt am Neckar mit ihrem in kultureller Hinsicht eher beschaulichen Ruf ist im Umbruch. Intendant Holger Schultze, seit der vergangenen Spielzeit für die Geschicke des Theaters verantwortlich, hat bereits mit Bravour die Wiedereröffnung des frisch sanierten Theaterhauses absolviert und startet jetzt richtig durch. Mut und Energie kommen dabei nicht von ungefähr: Schultze hat einen überdurchschnittlichen Rückhalt in der Bevölkerung. Klaus Zehelein, Präsident des Deutschen Bühnenvereins, sprach anlässlich der Wiedereröffnung gar von einem „Wunder von Heidelberg“.

An Wunder möchte man auch wieder glauben, wenn man die Arbeiten von Nanine Linning sieht. In den Niederlanden ist die 1977 in Amsterdam geborene Choreografin längst ein Star. Innovativ, betörend und voller Intensität will sie „menschliche Seinswelten und neue tänzerische Ausdrucksformen“ erkunden. Ihr Erfolgsrezept: Sie denkt spartenübergreifend. In ihre Performances bindet sie nicht nur Tänzerinnen und Tänzer ein, sondern gleichermaßen Sänger, Orchester, bildende Künstler und all die, die ihr helfen können, neues Tanztheater zu entwickeln. Holger Schultze kennt die vergleichsweise aufwändigen Produktionen der Künstlerin bereits. Als Intendant in Osnabrück hatte er ihre Compagnie bereits dort ans Haus geholt, und in Heidelberg hatte sich die Dance Company Nanine Linning schon im vergangenen Jahr im provisorischen Opernzelt einem anschließend begeisterten Publikum vorgestellt.

Spartenübergreifend wird auch die Uraufführung von Zero sein, mit der Linning den Neuen Saal des Theaters in Heidelberg auch tänzerisch einweihen wird. Diese erste Produktion in der neuen Heimat der Compagnie will der Schwerkraft den Gehorsam kündigen und „schlichter Gravitation durch virtuose Irritation“ entgegentreten. „Wenn Welt und Menschheit wieder bei null beginnen, werden in der Durchdringung von Tanz und Videoprojektionen Realität und Virtualität ununterscheidbar“, verspricht Linning. Unter der Leitung von Dietger Holm wird das Philharmonische Orchester dazu Musik von Philip Glass beitragen, um den „Sog in die sphärische Kraft“ noch zu steigern.

Für die Kostüme hat Linning Iris van Herpen verpflichtet. Die niederländische Modedesignerin zählt zu den jüngsten Modeschöpfern der Pariser Haute-Couture-Schauen und betreibt ein eigenes Label. Auch ihr, und das verbindet sie mit Linning, reicht es nicht, sich auf ein Thema zu fixieren. So war sie beispielsweise die erste, die die Technologie des 3D-Druckes für tragbare Kleidung entdeckte und anwendete. Für die von Linning inszenierte Madama Butterfly in Osnabrück entwickelte sie die Kostüme. „Es ist von entscheidender Bedeutung für das ultimative Design, wie ein sich bewegender Körper auf ein Kleidungsstück reagiert, und wie sich im Gegenzug ein Kleidungsstück verhält, wenn es getragen wird“, lautet das Credo der Künstlerin. Mit ihren „irreal anmutenden Kreationen“, wie Linning die Kostüme der van Herpen in Zero nennt, treiben die Tänzerinnen und Tänzer radikaler Freiheit entgegen. Und findet sich damit in genau jenem Spannungsfeld wieder, das Holger Schultze seinem Haus verordnet hat: „Wir öffnen Grenzen.“ Mit der Eröffnung der eigenen Tanzsparte ist es ihm jedenfalls schon mal gelungen.

Michael S. Zerban, 12.1.2013

 


Das Video Tanzvisite ist ein
gelungenes Entrée der Dance
Company Nanine Linning.


Die Compagnie weiht den Neuen Saal
des Theaters Heidelberg nun auch
tänzerisch ein.


"Irreal anmutende Kreationen" nennt
Nanine Linning die Kostüme der
Modedesignerin Iris van Herpen.


Einer radikalen Freiheit entgegen
streben, ohne die Grenzen der Physik
zu beachten - so soll Zero sein.

Bei den Bildern handelt es sich um Probenfotos.