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NEWS 

Für Kinder geeignet


 

Preisträger mit Pep


Die Rockstreicher der Musikschule Mönchengladbach haben mit einem Video gezeigt, dass man mit klassischer Musik auch respektlos gut umgehen und damit die Jugend ansprechen kann. Dafür gab es jetzt den Junge-Ohren-Preis in der Kategorie Musik & Medien. Horst Dichanz hat mit Christine Beimel und Johannes Epping über das Projekt gesprochen. Für den nötigen Pep im Beitrag hat Rüdiger Blömer mit seiner Komposition nineteenseventyfive gesorgt (5'15).

 

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JOP und YEAH oder Wir bauen eine Oper

Bereits zum siebten Mal findet in Hamburg der Junge-Ohren-Preis statt. Ziel des Wettbewerbs für Kinder und Jugendliche ist, innovative Musikprojekte zu fördern. Längst hat der Preis internationale Dimensionen erreicht und zeigt: Die Musikkultur ist bei den Jugendlichen erheblich weiter entwickelt, als von ihren Kritikern unterstellt.

Mit Kindern in die Oper gehen, oh je, gar mit halbgaren Jugendlichen und ihren unfertigen Interessen? Eine Oper aufführen, gar mit ihnen eine schaffen, bauen, aufführen? - Keineswegs undenkbar, unmöglich, sondern Realität. Wer das nicht glaubt, sich genau und kritisch informieren will, muss die jährlichen Preisverleihungen des Junge-Ohren-Preises (JOP) besuchen, sich dort die zahlreichen Produktionen ansehen, mit Kindern, Jugendlichen und „Produzenten“ reden. Sie kommen in diesem Jahr in Hamburg beim Norddeutschen Rundfunk zusammen, um die von einer Jury nominierten und dann prämierten Projekte vorzustellen und auszutauschen. Für diese siebte Prämierung beim Junge-Ohren-Preis haben sich mit erfreulich wachsenden Bewerbungszahlen über 100 Projekte angemeldet. Hier finden sich kleine, überschaubare Projekte aus Grundschulen, vielen Sekundarschulen unterschiedlichster Prägung, Ideen aus Jugendmusikschulen und – sehr erfreulich – zahlreiche „freie“ Projekte, in denen engagierte Musikpädagogen oder Medienexperten Kinder um eine Idee scharen oder deren Ideen aufgreifen, sie zu hohem Engagement motivieren und sie in vielen Fällen zu echten Musikfans machen. Da experimentieren Grundschulkinder mit ihrem Körper oder Alltagsgegenständen und zaubern in einer großen Gruppe ihre eigene Percussion auf die Bühne, Schüler unterschiedlichen Alters werden durch den Ausschnitt aus einer Opernarie angefeuert und spielen das Opernstück mit eigenen Ideen weiter. Eine Gruppe von 16- bis 20-Jährigen, als Streicher ausgebildet, erobern als „Rockstreicher“ mit keckem Auftritt im Sauseschritt eine Fußgängerzone, besetzen eine Brücke mit Geigern, Cellisten und Contrabassisten oder fetzen an einer einsamen Landstrasse zum Vergnügen der wenigen Autofahrer jazzige Stücke für Streicher herunter, und das alles mit sichtbarem Vergnügen und hörbarer Professionalität.

Veranstalter des JOP ist das Netzwerk Junge Ohren, das seit 2008 Akteure aus Musik, Bildung, Kulturpolitik und -wirtschaft bei Aufgaben und Fragen der Musikvermittlung im deutschsprachigen Raum unterstützt.

Die Jury prämiert in diesem Jahr in vier Kategorien insgesamt fünf Projekte. In der Kategorie „Best Practise, partizipativ“ geht der Preis an das Projekt Rhythmus und Tanz-Zack Bumm Gstaad des Menuhin Festivals aus dem kleinen Schweizer Ort Gstaad. Es verbindet die Erprobung und Entwicklung der körperlichen Erfahrung von Rhythmus mit einfachen Instrumenten wie beispielsweise Sitzhockern. Preisträger in der Kategorie „Best practice, Konzert“ ist das Kinder- und Familienkonzert Die Musikfabrik des niederländischen Produktionshauses Oorkaan in Kooperation mit dem Calefax Reed Quintet, Amsterdam. Hier erfinden Mitarbeiter einer Fabrik von PVC-Teilen in ihrem eintönigen Arbeitsalltag versehentlich neue Musikinstrumente. In der Kategorie „Musik & Medien“ wird das Projekt „Rockstreicher“ für den Videoclip Nineteenseventyfive des Streicherensembles der Musikschule Mönchengladbach in Zusammenarbeit mit 18frames Film- und Medienproduktion Hamburg ausgezeichnet. Es wird prämiert für seine gelungene Aktion, Musik in den öffentlichen Raum zu bringen. Ein Sonderpreis der Jury – verbunden mit einer Aufführung in Hamburg – erobert sich die Bühnenshow Drumblebee von Quatuor Beat, einer Musikproduktion für Percussion-Quartett aus vier Ländern. Bei verträumter Vollmond-Beleuchtung lassen sich die 5 - 10 Jahre alten Kinder von Xylophon und verschiedenen Trommeln zu mitreißenden Rhythmen anregen.

Förderung der Jugendmusikkultur

Vieles spricht dafür, dass der JOP inzwischen gut etabliert ist. Ihm gelingt es auf spezielle Weise, eine Verbindung zwischen Jugendlichen und dem ständig sich erneuernden, lebendigen Musikleben zu stiften und sie mit traditionellen Formen zu verbinden. Die hohe Qualität der eingereichten und nominierten Projekte, die überall zu beobachtende Begeisterung der Kinder und Jugendlichen belegen: Dieser Preis erreicht seine Zielgruppe. Erfreulich ist auch, dass der Preis nicht auf deutsche Bewerbungen begrenzt bleibt. So finden sich unter den Projekten und bei den Preisträgern Projekte aus Luxemburg, den Niederlanden, Österreich und der Schweiz.

Der JOP bereitet mit seinen jährlichen Ausschreibungen den YEAH, den Young Earopean Award vor, der 2013 zum zweiten Mal in Osnabrück verliehen wird. Beide Wettbewerbe korrigieren die Einschätzung mancher Kritiker, die häufig den anspruchslosen Musikgeschmack der Jugendlichen beklagen und in der Jugendmusikszene Engagement, Kreativität und neue Entwicklungen vermissen. Dies alles ist reichlich und überzeugend vorhanden. Ein erhebliches Defizit zeigt sich aber, wenn man die Breitenwirkung solch qualifizierter Musikkultur überprüft: Zu Recht wird der musikalische Alltag in Kindergärten, an vielen Schulen und in Kinder- und Jugendgruppen als grau und phantasielos empfunden und kritisiert. Die Ergebnisse des JOP müssten jeden Lehrer, jeden Schulleiter, jeden für Erziehung Verantwortlichen dazu veranlassen, um jede einzelne Musikstunde, jedes Musikprojekt zu kämpfen. Hier liegt mehr Potenzial als in manchem Testtraining! Der JOP scheint auf einem guten Weg der Weiterentwicklung zu sein. Zu seinen nächsten Aufgaben gehören eine intensive Vermarktung der Projekte und ihre Weitergabe an Multiplikatoren der gesamten Kinder- und Jugendmusikszene. Hier lohnen sich Investitionen.

Der Bayerische Rundfunk (BR) hat in seinem Format BR Klassik einen Kinderradiotag ins Programm gesetzt, um Kinder einen ganzen Tag lang mit und um Klassik zu begeistern. Auch dieses Projekt wurde eingereicht. Wir könnten gut jeden Monat einen solchen Musiktag für Kinder und Jugendliche mit kreativem Programm gebrauchen, auch wenn wir eventuell auf den Tag des gepunkteten Gelbstreifenkäfers oder den Magazinbeitrag „Mit wem möchten Sie heute kalten Kaffee trinken, wir arrangieren das…“ verzichten müssten.

Horst Dichanz, 16.11.2012

 


Die Musikfabrik des niederländischen
Produktionshauses Oorkan begeistert
mit der Erfindung neuer
Musikinstrumente.


Die Bühnenshow Drumblebee von
Quatuor Beat erhält einen Sonderpreis
inklusive einer Aufführung in Hamburg.


Große Freude bei den jungen
Rockstreichern, die mit ihrem rasanten
Video 1975 einen Preis abräumen.


Die 18frames Film- und
Medienproduktion aus Hamburg
setzte die Rockstreicher in Szene.


Das Projekt Rhythmus und Tanz-Zack
Bumm Gstaad
macht den Kleinen
augenscheinlich richtig Spaß.