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Uralt und frisch wie nie

Die Eutiner Festspiele gehören zu den traditionsreichen, aber vor allem zu den romantischsten sommerlichen Open-Air-Festspielen mit Oper und Operette in Deutschland. Die idyllisch gelegene Freilichtbühne im Schlossgarten, direkt am Ufer des Großen Eutiner Sees, gilt als eine der schönsten Naturbühnen.  In diesem Jahr werden die Festspiele zum 62. Mal ausgerichtet.

1951 wurde die Freilichtoper aus Anlass des 125. Todestags des Komponisten Carl Maria von Weber, einem der Söhne der Stadt, gegründet. Man entschied sich für den Schlossgarten, der zu den bemerkenswerten Gartenkunstwerken Norddeutschlands zählt und sich vor dem inzwischen aufwändig restaurierten Schloss, einst Sitz der Fürstbischöfe von Lübeck und später Wohnsitz der Großherzöge von Oldenburg, ausbreitet. Webers romantische Oper Der Freischütz stand damals auf dem Programm - mit Erfolg: Aus ursprünglich zwei geplanten Aufführungen wurden neun; prominent besetzt mit bedeutenden Künstlern ihrer Zeit. Die Eutiner Sommerspiele gehörten fortan zum Kulturleben des Landes und erwiesen sich als Publikumsmagnet. Erst in der 50. Spielzeit im Jahr 2000 wurden sie in Eutiner Festspiele umbenannt. Seit 1951 wurden 45 verschiedene Werke - vom Barock bis zum 20. Jahrhundert - aufgeführt, allein der Freischütz in 42 Spielzeiten – seit 2009 und 2012 als Kinder-Oper. Vom 4. Juli bis 19. August bietet Schleswig-Holsteins älteste Klassik-Naturbühne mit drei Neuinszenierungen und mehreren Konzerten wieder ein anspruchsvolles Opernprogramm an.

Mit Unterstützung der Wirtschaftsvereinigung Eutin konnten 2011 die Neue Eutiner Festspiele gegründet werden, die das jahrzehntelange Erfolgsrezept bewahrten und dabei auch neue Akzente setzten. Wie bei den meisten Opernhäusern ist eine Eigenfinanzierung nicht möglich. Die Neuen Eutiner Festspiele werden unterstützt vom Land Schleswig-Holstein, der Kulturstiftung des Kreises Ostholstein, der Stadt Eutin sowie weiterer Förderinstitutionen. Zudem setzen Dutzende von Sponsoren mit ihrem finanziellen Engagement ein Zeichen der Solidarität für die zukunftsorientierte Fortführung Schleswig-Holsteins ältester Freilicht-Opernbühne. Mit der Gründung der Kultur-Genossenschaft Eutin soll auch die Zukunft der Festspiele gesichert werden. Es ist in Schleswig-Holstein die erste Genossenschaft eines Opernbetriebes mit einer derartigen Ausrichtung. 

Debüts und Neuerungen

Zur Spielzeit 2012 konnten die Festspiele Dominique Caron als Intendantin und Künstlerische Direktorin, und Urs-Michel Theus als Generalmusikdirektor für Eutins „Grünen Hügel“ gewinnen. Drei Neu-Inszenierungen, eine Vielzahl an Solisten-Debüts und erstmalig ein eigenes Festspiel-Orchester sind für die Protagonisten der Festspiele eine reizvolle Herausforderung. Das Festspiel-Orchester wurde in diesem Jahr erstmalig zusammengestellt und gibt sein Debüt beim Eröffnungskonzert Klangperlen und Klassikträume. Mit dieser Darbietung erlebt die Kreisstadt Eutin zum ersten Mal ein klassisches Konzert auf ihrem Marktplatz.  Fast neu ist die deutsch-amerikanische Kooperation mit der School of Music der Universität Kansas in Lawrence, Amerika. Diese entstand im vergangenen Jahr durch die seit 1989 bestehende Städtepartnerschaft zwischen der Festspiel-Stadt Eutin und der Universitätsstadt Lawrence.

Knapp 40 amerikanische Gäste der School of Music wirken in dieser Spielzeit bei den Neuen Eutiner Festspielen mit – davon 20 im Festspiel-Orchester, 15 Choristen, Solist Hugo Vera als Ismael in Verdis Nabucco und der Direktor der School und Dirigent, David Neely.  Er wird zusammen mit Theus die Classic Night dirigieren. In Verdis Oper Nabucco wird der italienische Bassbariton Bariton Devid Cecconi die Titelrolle spielen.

Das Eutiner Festspiel-Orchester besteht aus gesamt 90 Musikern. 70 sind Berufsmusiker von Theatern und Opernhäusern aus Lübeck, Hamburg, Lüneburg und Hannover, die restlichen 20  Musiker kommen von der Kansas University (KU) in Lawrence, Kansas, Eutins Partnerstadt. Sie werden, je nach Orchestergröße und im Wechsel zum Einsatz kommen. In Verdis Oper Nabucco werden beispielsweise 66 Musiker für eine hohe Klangqualität sorgen. Eine „echte Feintuning-Herausforderung“ ist dabei die Abstimmung zwischen den amerikanischen und den deutschen Blasinstrumenten. Während die amerikanischen auf 440 Hertz geeicht sind, liegen die deutschen bei 443 Hertz. Die Festspielgäste werden aber keinen Unterschied hören, da alle Blasinstrumente des Orchesters auf 442 Hertz eingestimmt sein werden.

Mit ihren zahlreichen Neuerungen werden sich die 62. Eutiner Festspiele mit vielen neuen Ideen, international und vor allem zukunftsorientiert präsentieren. Ein Lichtblick in Zeiten, in denen so viele andere Kulturereignisse in ihrer Existenz bedroht sind.

Andreas H. Hölscher