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Sommer in der Stadt


 
 

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Positive Signale

In immer mehr Städten beginnen die Bürgerinnen und Bürger darüber nachzudenken, wie die heimischen Räume jenseits uniformierter Einkaufsstraßen, Ghettobildung und Gentrifizierung planvoll für mehr Lebensqualität erschlossen werden können. Insbesondere kulturelle Institutionen, und hier vor allem Institute aus der so genannten Freien Szene, setzen sich verstärkt mit diesem Thema auseinander. Dabei geht es einerseits darum, neue Räume und Perspektiven in der Stadt aus künstlerischer Sicht einzunehmen, und andererseits, sich künstlerisch mit dem Thema auseinanderzusetzen. Ein gutes Beispiel dafür ist Asphalt.

Eine leere Stadt am Abend. Am kommenden Morgen wird sie Schlachtfeld zweier feindlicher Armeen werden. Hier treffen die Brüder Gjore und Gjero als gegnerische Soldaten aufeinander. Zwei Dinge sind klar: Sie haben keine Chance, aus der entvölkerten Stadt zu entfliehen. Und sie haben die Stadt eine Nacht lang für sich. Wie also soll man das überbordende Angebot an Hotel, Casino, Bank, Theater, Kiosk und Kirche nutzen? In seinem Stück Leere Stadt findet Dejan Dukovski keine Antworten, aber jede Menge Fragen. Regisseur Thomas Ulrich hat sie mit musiktheatralischen Mitteln inszeniert und mit ganz kleinem Einsatz ein wunderbar durchdachtes Bühnenbild geschaffen, in dem die Schauspieler Jonas und Jean-Paul Baeck den Stoff mit authentischer Intensität durchleben. Begleitet werden sie dabei musikalisch von Julius Richter, der mit seinem Soundmix ein kongeniales Klangbild entwickelt, das die Geschichte nicht nur untermalt, sondern glaubhaft mit erzählt. Ein perfekter Abend im Lager des Weltkunstzimmers. So nennt sich die ehemalige Backfabrik im Düsseldorfer Stadtteil Flingern-Süd und versucht, sich als künstlerisches Zentrum zu etablieren.

Das Gastspiel des Kölner Theaterensembles Acting Accomplices aus Köln, das an diesem Abend von viel weniger Besucherinnen und Besuchern gewürdigt wird, als es die Leistung des Ensembles verdient hätte, ist Bestandteil von Asphalt, dem Sommerfestival für Theater und Musik in Düsseldorf. Unter der künstlerischen Leitung von Christof Seeger-Zurmühlen und Bojan Vuletic fand das Festival vom 2. bis 11. August zum zweiten Mal statt. „Die Resonanz bereits auf den ersten Durchlauf im vergangenen Jahr war so positiv, dass auch die politischen Gremien der Stadt Düsseldorf dem Festival 2013 eine besondere Unterstützung zukommen lassen. So kann ein sehr hochwertiges Programm realisiert werden, unter Beteiligung sowohl lokaler, als auch internationaler Künstlerinnen und Künstler“, sagt Hans-Georg Lohe, Kulturdezernent der Stadt. Asphalt beschäftigt sich mit einem Thema, das in immer mehr Städten an Bedeutung gewinnt: Wie gehen wir in Zukunft mit unserer Stadt um? Stichworte wie Gentrifizierung, Ghettoisierung oder Uniformisierung interessieren inzwischen nicht nur Bürgerinitiativen und Kommunalpolitiker; auch die so genannte Freie Szene hat Blut geleckt. Immerhin. Während die klassischen Kulturinstitute ihre sozialkritische Komponente bei Uraufführungen auf beispielsweise die Suche moderner Bezüge zu Wagner konzentrieren, befassen sich die Kulturinstitute der so genannten Freien Szene mit Cocooning-Fragen. Da lässt sich Sozialkritisches ausleben, ohne der großen Politik, die ja dann die Subventionen zu bewilligen hat, auf die Füße zu treten.

Brisantes Thema der Zukunft

Brisant ist das Thema allemal. Wer darf in Zukunft in den Städten leben, wie sollen die urbanen Räume genutzt werden? Und welche kulturellen Angebote werden als Zeichen von Lebensqualität weiter existieren? Asphalt hat in diesem Jahr ein positives Zeichen gesetzt. Die Diskussion belebt. Mit einem abwechslungsreichen Programm, das von der Familien-Theateraufführung über das Musiktheater, vom Konzert bis zum Liederabend, von der Lesung bis zur Stadtführung der anderen Art reicht, haben die Macher des Festivals nicht nur urbanes Sommerflair entwickelt, sondern mit den Standorten Weltkunstzimmer, Bilker Bahnhof, Palais Wittgenstein und Goethe-Gymnasium auch eine Basis geschaffen, auf der es sich in den kommenden Jahren im weiteren Stadtgebiet ausbreiten kann. Auf einem hohen Niveau zahlreicher Erst- und Uraufführungen, internationalen Gastspielen und mindestens einer „Zugpferd-Veranstaltung“ bietet das Festival ein überzeugendes Angebot zu fairen Eintrittspreisen, die wirklich jedem den Zugang zur Kultur ermöglichen. Ein sehr übersichtliches, hoch informatives Programmheft rundet den Gesamteindruck ab. So muss ein Kulturfestival gestaltet sein, das auch in den kommenden Jahren von Erfolg gekrönt sein will – so wie in diesem Jahr.

Michael S. Zerban, 10.8.2013

 


Die Leere Stadt ist das
musiktheatralische Ereignis des
Festivals. Davon darf es mehr geben.


Entdecke deine Stadt: Entlang der
Düssel führte eine Theaterrallye die
Zuschauer an oft unbekannte Orte.


Frau Müller muss weg: Regisseur Sönke
Wortmann präsentierte mit dem Grips
Theater Berlin einen Fall von Mobbing.


Mit Goethes Briefroman Werther zeigte
das Theater Rottstr. 5 eine starke
Bühnenfassung im Weltkunstzimmer.


Auch für Experimentelles im
öffentlichen Raum war mit we watch you
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Platz beim Festival Asphalt.