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Entspannung im Maschinenraum

Das Opernstudio der deutschen Oper am Rhein hat den zweiten Meisterkurs beendet. Das Ergebnis stellen die Mitglieder an ungewöhnlichem Ort vor.

Es ist Sonntagabend. Der Regen hat die Luft reingewaschen. Allmählich kann man den Frühling riechen. Da kommt so ein Lieder- und Arienabend gerade recht, um sich zu entspannen. Die Deutsche Oper am Rhein hat eingetretene Pfade verlassen und für dieses Konzert einen ungewöhnlichen Ort ausgewählt. Die ehemalige Turbinenhalle der Stadtwerke stammt aus dem Jahr 1912 und wurde vor zehn Jahren unter der Federführung des kubanischen Künstlers Jorge Pardo zu einer „Event-Location“ umgewandelt. 14 überdimensionale Wandbilder aus Stoff sollen den Bezug zu Energie und Wasser herstellen. Ein Bodenmosaik aus Keramikfliesen erinnert an die ehemals industrielle Nutzung des Gebäudes. Die Halle, so die Stadtwerke „wird mit Farbe aufgeladen, so dass Energie nicht nur intellektuell, sondern auch physisch erfahrbar wird“. In diesem Kunstraum ist eine kleinere Fläche abgeteilt, auf der etwa hundert Gäste vor einer improvisierten Bühne Platz finden. Hinter der Bühne sorgt ein Vorhang dafür, dass die Akustik in der Halle stimmt. Ein gelungener Rahmen, in dem die Teilnehmer des Opernstudios das Ergebnis ihres einwöchigen Meisterkurses bei der Kammersängerin Deborah Polaski vorstellen wollen. Polaski zählt zu den weltweit bedeutendsten dramatischen Sopranen und widmet sich seit einigen Jahren außerdem dem Liedgesang. Bereits im ersten Opernstudio unter Generalintendant Christoph Meyer hat sie die Teilnehmer begeistert.

Um es vorwegzunehmen: Auch dieses Mal haben einige Teilnehmer aus dem Kurs ihren ganz unmittelbaren, persönlichen Erfolg ziehen können. Einmal mehr erfahren sie alle, dass es noch mal ein Unterschied ist, ob man im Team auf einer Bühne agiert oder sich alleine einem – geneigten – Publikum stellt. Nach dankenswert kurzen Grußworten des Intendanten und des Gastgebers – die Stadtwerke werden durch Arbeitsdirektor Rainer Pennekamp vertreten – eröffnet David Jerusalem den Abend mit Ach, weh mir unglückhaftem Mann. Er ist, wie sie alle an diesem Abend, angespannt, hat aber seinen facettenreichen Bass über alle Lagen im Griff, versucht es gar mit ein wenig Schalk. Mechthild Hoersch, künstlerische Leiterin des Opernstudios, moderiert den Abend souverän und zurückhaltend. Ihr Abschied vor den letzten beiden Liedern ist psychologisch ungeschickt, was aber an der guten Idee der Moderation nichts ändert.

Anmoderiert wird Maria Kataeva. Die russische Mezzosopranistin singt trotz ihrer Aufregung fehlerfrei, wenngleich ihre Stimme bei Robert Schumanns Widmung noch ein wenig belegt klingt. In der Arie Una voce poco fa der Rosina aus dem Barbier von Sevilla ist sie dann aber in ihrem Element, begeistert mit wunderschön gesungenen Vibrati und deutlich verständlichem Gesang, traut sich gar Bewegung auf der Bühne zu und erntet sehr verdient die Bravo-Rufe. Bariton Attila Fodre singt das Schubert-Lied Dass sie hier gewesen schön. Ein Funke will indes so recht nicht überspringen. Auch bei Es ist genug von Felix Mendelssohn-Bartoldy gelingt es ihm nicht; hier offenbaren sich zudem Sprachschwächen. Er setzt seine technischen Möglichkeiten ein und begeistert damit immer noch mehr als Tenor Ovidiu Purcel, dessen Abend es eindeutig nicht ist. Da wird bei Strauss‘ Allerseelen genäselt, was sich auch bei Friedrich von Flotows Arie Martha, Martha, Du entschwandest! nicht ändert. Hier wird zu allem Überfluss genuschelt und damit der Schlusspunkt des Abends gepatzt. Auch Jessica Stavros wünscht sich, an diesem Abend lieber woanders zu sein. Die dramatische Sopranistin findet nicht recht in den Gesang, will fehlende Qualität durch Lautstärke ersetzen und merkt selbst, dass ihr Vortrag der Strauss-Arie Es gibt ein Reich aus der Ariadne auf Naxos nichts mit dem zu tun hat, womit sie sonst schon ihr Können unter Beweis gestellt hat.  Die rumänische Sopranistin Luiza Fatyol hat schon viele Wettbewerbe gewonnen – da hätte man mehr Souveränität erwartet. Sie hat zwei koloraturreiche Beiträge ausgewählt und begeistert vor allem in der Höhe. Nur an der Verständlichkeit ihres Gesangs wird sie noch ein wenig arbeiten müssen. Verständlich, souverän und ausdrucksstark: So präsentiert sich Bariton Bogdan Baciu an diesem Abend. Sein dramatischer Vortrag der Schumannschen Lotosblume lässt aufhorchen, mit der Arie Alzati! … Eri tu aus Un ballo in maschera begeistert er das Publikum.

Alles in allem ein genussreicher, entspannter Abend. Das kritisch-kundige Publikum beschränkt sich darauf, die positiven Aspekte der Soirée zur Kenntnis zu nehmen. Christian Dammann wird für seine aufmerksame und konzentrierte Begleitung am Flügel bedankt. Die SängerInnen des Opernstudios und Deborah Polaski erhalten ihren verdienten Beifall. Und noch auf dem Weg zum Ausgang, vorbei am Dampf produzierenden Kondensator im blauroten Licht, loben die Gäste nicht nur die Fortschritte der Opernstudio-Mitglieder, sondern auch die Wahl des Konzertortes. Hier ist nicht nur eine Wiederholung wünschenswert. Auch die Frage, ob sich das Opernstudio in der Zukunft nicht einmal an anderen fantasievollen Orten präsentiert, muss erlaubt sein.

Michael S. Zerban, 22.4.2012

 


Maria Kataeva erfreut das
Publikum mit ihrer Arie Una voce poco
fa
und bekommt ihre brava-Rufe
verdient.


David Jerusalem begeistert an
diesem Abend mit seiner stimmlichen
Variationsbreite.


Christian Dammann begleitet auch
Jessica Stavros einfühlsam bei ihrem
Vortrag.


Die rumänische Sopranistin Luiza
Fatyol fasziniert mit dem Vortrag
ihrer Arie.


Am Ende der Soirée zeigen die
Teilnehmer des Opernstudios der
Kammersängerin Deborah Polaski ihre
Dankbarkeit.

Fotos: Susanne Diesner