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Finanzjongleure in Bayreuth


 
 

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Missklänge im fränkischen Hinterland

Darf man Bayreuth entzaubern? Man darf. Vor allem, wenn man den Befunden des Bayerischen Rechnungshofes folgt, ist es offenbar an der Zeit, einen Hügel in Franken gründlich aufzuräumen.

Der Nimbus lebt. Und die politischen Begehrlichkeiten sind dementsprechend groß. Die bayerische Landesregierung möchte gern dem Bund seine Anteile abkaufen und damit die Hälfte der Anteile an den Bayreuther Festspielen erwerben. Wagnerianerin Merkel (CDU) denkt nicht daran, Bundesanteile zu veräußern. Stattdessen werden die Festspiele lieber mit 17 Millionen Euro jährlich bezuschusst. Rund ein Drittel davon stammt aus der öffentlichen Hand. Man gönnt sich ja sonst nichts. Außer ein paar Rettungsschirmen. Aber der Reihe nach. Ins Gerede gekommen sind die Wagner-Festspiele mit der künstlichen Verknappung ihrer Kartenvergabe. Lediglich 40 Prozent der Karten gelangten überhaupt in den freien Verkauf. Alles andere ist fest kontingentiert.

Inzwischen sind die Kontingente – sehr zum Ärger der Wagner-Verbände  - umverteilt worden. Die Wagner-Verbände schicken alljährlich Stipendiaten – hoffnungsvoller Sänger- und Musikernachwuchs, der sich mit der besonderen Atmosphäre der Urstätte Wagnerschen Handelns auseinandersetzen soll – zum Hügel. Dafür bekommen die Vorstände die Option, jährlich Karten zum regulären Preis zu erwerben, weil sie die Stipendiaten begleiten sollen. Damit ist jetzt Schluss. Die Vorstände bekommen die Option nur noch alle fünf Jahre und gelten damit noch als bevorzugt. Das ruft Eva Märtson auf den Plan, Präsidentin des Richard-Wagner-Verbandes International. Sie will jetzt das Gespräch mit den Festspiel-Chefinnen Katharina Wagner und Eva Wagner-Pasquier sowie dem Verwaltungsrat suchen. Schließlich geht es nicht nur darum, die Pfründe zu retten. Werden die Privilegien verknappt, verlieren die Wagner-Verbände an Attraktivität. Uninteressante Verbände haben aber auch weniger Mitglieder – und damit könnte die Stipendienvergabe in Gefahr geraten, die einen wesentlichen Teil zur Aufrechterhaltung des Nimbus beiträgt.

Weitaus verheerender allerdings scheinen die Ergebnisse der Prüfung des Bayerischen Rechnungshofes. Danach ist die Buchhaltung einer Pommesbude sorgfältiger als der Umgang mit Steuergeldern auf dem Gralshort. Der Rechnungshof erwartet nun bis April eine Stellungnahme der Geschäftsführung. Gegenüber der Zeitschrift Focus hat Katarina Wagner sich schon mal geäußert. Es gebe „keine schlampige Buchhaltung“. Allerdings sei die Verwaltung unterbesetzt. Einige Missstände seien bereits behoben. Mit solch gewohnt lapidaren Auskünften wird es aber wohl dieses Mal nicht getan sein. Insbesondere die Rolle der Tochtergesellschaft BF Medien könnte Fragen aufwerfen: Die produziert in erster Linie Unkosten und erhält dafür Provisionszahlungen. Bei solchen Geschäftsmodellen wird an anderen Orten die Steuerfahndung neugierig.

Der Mäzenatenverein Freunde von Bayreuth, ebenfalls Gesellschafter der Festspiele, hat derweil schon mal eine Krisensitzung der Festspieleigentümer einberufen. Ein Ergebnis dieser Sitzung dürfte sein, dass nun ein Kaufmann als Mitglied der Geschäftsführung gesucht werde, der sich „mit dem komplizierten GmbH-Recht und betriebswirtschaftlichen Dingen gut auskenne“. So äußerte sich jetzt Toni Schmid gegenüber der Nachrichtenagentur dapd. „Fast alle Theater und Opernhäuser in Deutschland haben so eine Lösung“, versucht der Vorsitzende des Verwaltungsrates die Bedeutung dieser Entscheidung herunterzukochen. Von einer Entmachtung der Wagner-Schwestern könne keine Rede sein. Sie hätten weiter die künstlerische Leitung und repräsentierten die Festspiele nach außen. Es scheint also alles beim Alten zu bleiben: Statt Transparenz eine kaufmännische Leitung. Man wird sehen, ob sich auch der Rechnungshof mit dieser Antwort zufrieden gibt.

Michael S. Zerban, 24.3.2012


Es gehört zu den touristischen
Attraktionen von Bayreuth: Das
Festspielhaus. Finanziell ist hier, sagt
der Bayerische Rechnungshof, einiges
im Argen.