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Urlaubsgefühl mit Sommerklängen


 
 

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Hölzerne Klänge auf dem Lande

Vom 27. Juni bis zum 7. September findet im Münsterland ein in Europa einzigartiges Festival statt. Summerwinds ist ein internationales Holzbläser-Festival mit ungewöhnlichen Klängen. Da präsentieren sich die Stars der in der Öffentlichkeit eher selten beachteten Instrumente in sage und schreibe 40 Konzerten.

Allen Wetterunbilden zum Trotz – die Summerwinds wehen durchs Münsterland und verbreiten heitere und melancholische, vertraute und extravagante, anheimelnde und ungewöhnliche Klänge und versammeln Menschen an besonderen Orten. Zudem lädt die Gesellschaft zur Förderung der Westfälischen Kulturarbeit (GWK) junge Musiker in Kooperation mit der Musikhochschule Münster seit drei Jahren zu ihrem Woodwinds-Festival ein. Die GWK ergänzt mit diesem ungewöhnlichen Wettbewerb ihr Internationales Holzbläser-Festival Summerwinds und fördert junge, talentierte Musiker mit zwei Geld-Preisen.

Während der Sommermonate präsentiert die GWK in diesem Jahr mit Summerwinds 40 außergewöhnliche Konzerte von Lingen bis Oelde, von Nordkirchen bis Oldenzaal in den Niederlanden. Im Rahmen des Festivals bieten zahlreiche Kammerorchester, Solistenabende, Bandauftritte und das Sinfonieorchester Münster einen Querschnitt durch die gesamte Musikliteratur, einige davon für Holzbläser neu arrangiert. Werke von Paganini über Mozart, Debussy, Ravel bis zu Melodien des Melingo-Tangos, des österreichischen Pop und anatolische Weisen erklingen in unterschiedlichster Besetzung an besonderen Orten: von der Mehrzweckstadthalle über Museen, die kleine Barockkirche Zwillbrock direkt an der holländischen Grenze bis hin zu zahlreichen Klosterbauten und Wasserburgen und schließlich dem imposanten „westfälischen Versailles“ in Nordkirchen bringt Summerwinds musikalische Hochkultur an Orte, in denen die Wege zur Kultur sonst weit sind. Hier begegnen die Besucher Instrumenten, die ihnen bisher unbekannt waren: der orientalischen Kaval-Flöte, der japanischen Shakuhachi, einem Tárogató aus Ungarn oder einem modernen Bass-Saxophon. Hier erfahren sie, dass auch das Saxophon, auf dem Festival vielfach vertreten, trotz seines Metallkörpers zu den Holzblas-Instrumenten zählt. Der Ton wird mit Hilfe eines Rohrblattes im Mundstück ähnlich der Klarinette erzeugt und dann erst metallisch verstärkt. Der belgische Instrumentenbauer Adolphe Sax hat das Saxophon Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelt. Hector Berlioz war vom Klang dieses neuen Instrumentes begeistert: „… einmal tief und ruhig, dann leidenschaftlich, träumerisch und melancholisch, zuweilen zart wie der Hauch eines Echos …“.

Seltene Instrumente an ungewöhnlichen Orten

Mit seinem Holzbläser-Festival füllt Summerwinds europaweit eine Lücke. Und die Besucher wissen, der Besuch lohnt sich. Susanne Schulte, seit Beginn Intendantin und Geschäftsführerin, berichtet stolz von durchweg ausverkauften Konzerten. Die Weitläufigkeit der westfälischen Landschaft ist für sie Vor- und Nachteil zugleich. Einerseits sind die Wege weit und viele Aufführungen nur mit dem Auto zu erreichen, andererseits sind die Bewohner hier nicht so von Kultur gesättigt wie in manchem urbanen Umfeld, wo sich fast täglich Kulturangebote Konkurrenz machen. In durchweg kleineren Sälen wächst eine Intimität der Aufführungen, die ihren eigenen Charme hat und einen viel direkteren Kontakt zwischen den jungen Künstlern und Besuchern zulässt. So entwickelt sich etwa der Saxophonabend in der Billerbecker Kolvenburg mit dem niederländischen Saxophonisten Andreas van Zoelen zu einem lockeren Unterhaltungsgespräch mit Musikeinlagen rund ums Saxophon. Manche Besucher aus den nahe gelegenen Städten diesseits und jenseits der Grenze zu den Niederlanden empfinden ihren Besuch eines dieser „versteckten“ Konzertes als kleinen Urlaub vom Alltag.

Die Nähe zum Wettbewerb und die Intendanz garantieren durchweg höchste musikalische Qualität der Aufführungen. Das Nischenthema Holzbläser gibt den Künstlern nicht so viele Gelegenheiten, sich solistisch oder in kleinen Ensembles zu präsentieren, sie nehmen diese Bühne gern wahr. So finden sich unter den eingeladenen Künstlern der Flötist Stefan Temmingh mit Wiebke Weidanz am Cembalo, die mit Kompositionen von Corelli die sonst weihnachtlich besetzte Blockflöte in völlig neuer, konzertanter Rolle vorstellen. Die überragenden Klarinettisten des Duos Gurfinkel aus Israel, der Saxophon-Preisträger Lutz Koppetsch, die Klarinettistin Sabine Meyer im begeisternden Eröffnungskonzert mit dem Sinfonieorchester Münster unter Fabrizio Ventura sind nur einige Namen aus dem internationalen Tableau des Festivals. Ausfälle wie das Konzert mit Melingo, einem porteno aus Buenos Aires, der fast vergisst, dass er als Klarinettist gefragt ist und sein Publikum mit längst abgenutzten Einlagen langweilt, sind äußerst selten.

Die GWK hat mit Summerwinds ein Festivalformat entwickelt, das bestens zu der offenen Fläche dieses Landstriches und zu seinen Menschen passt. Es erreicht Kunstliebhaber ebenso wie manchen Zufallsbesucher, man darf es gern als Modell für eine gelungene Kulturpolitik in der Fläche betrachten. Das hat sich schon bis in die Niederlande herum gesprochen.

Horst Dichanz, 28.8.2014

 


Schloss Nordkirchen-Oranienburg ist
einer der ausgefallenen
Veranstaltungsorte im Münsterland, an
denen Summerwinds aufgeführt wird.


Das Counterpoint Quintett Berlin
steht stellvertretend für die Stars
der Holzbläser-Szene.


Saxophonist Andreas van Zoelen
sucht den Dialog mit seinem Publikum
und weiß Spannendes rund um sein
Instrument zu erzählen.


Auch historische oder weitgehend
unbekannte Holzblas-Instrumente
werden dem Publikum vorgestellt.


Idyllische Orte in lauschiger
Umgebung sorgen für das
Urlaubsgefühl, das sich beim Festival
immer wieder einstellt.