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Oper selbstgemacht
Der Paradigmenwechsel ist vollzogen. Inzwischen dürfte es in Deutschland kaum noch ein ernst zu nehmendes Theater-/Opernhaus geben, das sich nicht der Jugendarbeit verpflichtet fühlt. Ein Blick nach Lübeck zeigt: Die Häuser haben ein hohes Angebotsniveau erreicht. Das junge Publikum dankt es.
Zuschauen und mitmachen: Das sind die beiden Strategiezweige des Theaters Lübeck, wenn es um die Kinder- und Jugendarbeit geht. Die Theaterpädagogik möchte neugierig machen: Vor allem das Publikum von Morgen ist herzlich eingeladen, auf der Bühne, hinter den Kulissen, in Gesprächen, bei Fortbildungen, in Workshops, bei Führungen oder im Klassenzimmer ihr Theater immer wieder neu zu entdecken.
„Es freut mich sehr, dass wir im Gegensatz zu vielen norddeutschen Theatern kein Nachwuchsproblem am Theater haben. Wir haben einen äußerst erfreulichen Zuwachs an jungen Zuschauerinnen und Zuschauerinnen und mit über 80 Kindern und Jugendlichen in den Jugendclubs so viele aktive junge Theatermacher wie noch nie“, sagt Christian Schwandt, Geschäftsführender Theaterdirektor. Zu danken ist das allerdings weniger den umfangreichen Budgets, die die Kommune für das Theater bereit stellt, sondern einem äußerst erfolgreichen Fundraising. Während anderen Theatern allmählich die Puste ausgeht, unterstützen vor allem Sponsoren vor Ort die Aktivitäten der Theaterpädagogik, „mit respektablen Fördersummen“, findet Schwandt. Welche Abhängigkeiten sich daraus ergeben, erwähnt er nicht.
Die Freude über das Erreichte überwiegt. Die Familienoper Siegfried für Kinder war – trotz des Titels – ein Erfolg. Sommer- und Winterakademien, bei denen Kinder und Jugendliche die Probenbühnen des Theaters „in furiose Abenteuer-Camps“ verwandeln, sind durchgängig nahezu ausgebucht. Und in Zukunft werden auch die Kleinsten Zugang zur Oper finden. Was sich in Köln Mobile Kinderoper nennt, wird in Lübeck ab diesem Januar Taschenoper heißen. Im Klassenzimmerstück Out, das ab Februar dieses Jahres gebucht werden kann, wird Cybermobbing das Thema sein. Vielleicht eher Mainstream als originell, ist das Interesse in den Schulen, sagt das Theater Lübeck, bereits außerordentlich hoch.
Lübeck setzt Signale mit neuen Rekordzahlen, was die Zuschauer und Mitmacher unter den Jugendlichen angeht, zumindest in Relationen für das Theater. Das ist erfreulich. „Viele Parteien und Verbände würden sich über einen derartig großen Stamm an treuen und äußerst engagierten jungen Menschen sehr freuen“, resümiert Direktor Schwandt und zeigt damit bereits an, wohin die Zukunft geht. Die Begeisterung der Jugendlichen muss der traditionellen Kultur gelten, damit sie überlebt. Es lohnt sich.
Michael S. Zerban, 29.12.2012
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