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Oper für die Zielgruppe


 
 

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Kinderoper war gestern

Auch die Oper Köln hat mit der Uraufführung der Jugendoper Border eindrucksvoll belegt, dass es noch Segmente in der Opernlandschaft zu besetzen gilt. Aber was ist das eigentlich – eine Jugendoper? Versuch einer Einordnung.

Für den Firlefanz einer Kinderoper sind sie eindeutig „zu alt“, von den Stoffen für die Alten fühlen sie sich kaum angesprochen. Sie, das sind die 14-18-Jährigen, die gerade in ihrer ganz eigenen Welt leben und mit Problemen kämpfen müssen, von denen die Erwachsenen so gar keine Ahnung haben. Diese Jugendlichen wollte Ludger Vollmer schon mit seiner ersten Oper Gegen die Wand nach dem Film von Fatih Akin gezielt ansprechen. Und der Erfolg gab ihm Recht.

Jetzt hat Elena Tzavara, Leiterin der Kinderoper an der Oper Köln bei Vollmer das Werk Border in Auftrag gegeben und selbst inszeniert. Die Uraufführung im Kölner Palladium wird – von den Jugendlichen! – begeistert angenommen.

Wenn man also Jugendliche mit einer eigens auf sie zugeschnittenen Opernform erreichen kann, anstatt ihnen mühsam und oft genug wenig erfolgreich „Erwachsenenstoffe“ zu vermitteln, ist das nicht nur legitim, sondern auch ein weites Betätigungsfeld. Das vor allem zu der Frage führt: Was ist eigentlich eine Jugendoper?

Nun wird niemand so vermessen sein, aus zwei Werken eines Komponisten allgemeingültige Regeln oder Definitionen ableiten zu wollen. Allerdings – nimmt man beispielhaft auch noch das im Theater Krefeld Mönchengladbach erfolgreich produzierte Jugendmusical Joseph hinzu – stößt man schon auf Gemeinsamkeiten, die darauf hindeuten, dass sie vorhanden sein müssen, will ein Werk als Jugendoper reüssieren. Was erstaunlicherweise zunächst einmal nicht dringend erforderlich zu sein scheint, ist eine bestimmte Form der Musik. Hier sind die Jugendlichen anscheinend noch nicht nachhaltig geprägt und damit auch kaum einseitig festgelegt. Es scheint also prinzipiell alles möglich: von der Alten bis zur Neuen Musik, von der eingängigen Operettenmelodie bis zur Opernarie. Nicht einmal populäre Mainstream-Einflüsse werden erwartet.

Allen drei Beispielen – und weitere werden sich sicher finden lassen – ist gemeinsam, dass ein vergleichsweise junges Leitungsteam überwiegend mit jungen Leuten auf der Bühne arbeitet. Erwachsene jenseits des 30. Lebensjahres kommen nur ausnahmsweise und eher in handlungsweisenden Positionen vor. Eine Entscheidung, die entweder das Leitungsteam getroffen hat, weil es möglicherweise zu wissen glaubt, nur so erfolgreich sein zu können, oder die Jugendlichen wollen tatsächlich gleichaltrige Identifikationsfiguren. Zu letzterem würde auch passen, dass die Schülerinnen und Schüler umso zahlreicher zu einer Aufführung erscheinen, je deutlicher in der Kommunikation darauf hingewiesen wird, dass ein Werk für sie aufgeführt wird. Und so findet man in den genannten Stücken natürlich als Besucherinnen und Besucher auch die Eltern, Freunde und Mitschüler, aber in weitaus geringerem Anteil als angenommen. Ebenfalls in allen drei Stücken fällt auf, dass sie ähnlich aufwändig auf einer größeren Bühne inszeniert worden sind wie eine „Erwachsenenoper“. Das dürfte Regisseurin Tzavara bestätigen, die als wichtigste Voraussetzung für eine Jugendoper verlangt, dass die Jugendlichen absolut ernst genommen werden müssen. Dazu gehört auch, dass die Jugendlichen ein „eigenes“ Stück erwarten, dass sich mit „ihren“ Themen auseinandersetzt. Ein schnell mal auf eine Stunde gekürzter Evergreen, sagt Tzavara, funktioniere nicht. „Die Jugendlichen erkennen die unweigerlich auftretenden Brüche sofort“, sagt sie. Außerdem könne man Jugendlichen in diesem kritischen Alter wohl kaum zumuten, sich mit Kindern in eine Oper zu setzen. Wenn die Regisseurin das sagte, schmunzelt sie. Zum Lachen hat sie erst mal allen Grund. Ihre Jugendoper war ein voller Erfolg. Nun bleibt abzuwarten, ob andere Häuser dem Trend folgen. Von einem ist es schon bekannt: Als nächstes nämlich wird Ludger Vollmer „Lola rennt“ komponieren. Auf die Musik darf man sich wohl jetzt schon freuen.

Michael S. Zerban, 15.4.2012

 


Gegen die Wand ist die erste und mit
einem Preis bedachte Jugendoper von
Ludger Vollmer, die in Stuttgart
inszeniert wurde. Wann das Stück
wieder zu sehen ist, steht noch nicht
fest.


Bei den Jugendlichen wurde sie mit
Begeisterung aufgenommen: die
Jugendoper Border von Ludger Vollmer.
Vier Vorstellungen sind in dieser
Spielzeit noch vorgesehen.


Auch das Musical Joseph and the
Amazing Technicolor Dreamcoat
im
Theater Krefeld Mönchengladbach war
ein voller Erfolg. Eine Wiederaufnahme
ist Ende Mai vorgesehen.