Gefeierte Komponistin
Jedes Jahr wieder findet seit 1987 ein in Deutschland einzigartiges Ereignis statt. Dann wird in Heidelberg der Künstlerinnenpreis verliehen. Von Bund, Land, Stadt und privater Hand gefördert, werden seit mehr als einem Vierteljahrhundert in der Heidelberger Stadthalle Komponistinnen nach der Uraufführung eines ihrer Werke geehrt.
Internationales Ansehen genießt der 1987 gegründete Heidelberger Künstlerinnenpreis. Jetzt hat ihn die kunstsinnige Stadt an die aus Hamburg stammende Komponistin, Instrumentalistin und Dozentin Iris ter Schiphorst verliehen und dabei ihr Orchesterwerk Zerstören II innerhalb des Philharmonischen Konzerts aufgeführt sowie als Uraufführung das Stück Orpheus 2015 für Kontrabass-Klarinette und elektronische Zuspielung vorgestellt. Theo Nabicht heißt der außergewöhnliche Solist.
Das Preisgeld hat sich dank einer Stiftung auf 10.000 Euro erhöht, und die Ehrung enthält zudem eine von Roswitha Sperber gestiftete Bronzeskulptur Gebrochenes Ganzes von Günter Braun. Die Liste der bisherigen Preisträgerinnen ist beeindruckend: Sie reicht von Adriana Hölszky über Sofia Gubaidulina bis hin zu Ruth Zechlin, Unsuk Chin und Olga Neuwirth oder zuletzt Maria Panayotova. Bemerkenswert dabei: Heidelberg wurde in den meisten Fällen auf die Künstlerinnen aufmerksam, ehe sie internationales Ansehen erlangten. Heidelberg als Startrampe.
In den Kompositionen von Iris ter Schiphorst entfaltet sich ein unverstellter Blick auf die Musik, denn die Künstlerin hat schon in Rock- und Popbands mitgewirkt, intensive Computer- und Sampler-Arbeiten vorgelegt, und im zeitgenössisch-„klassischen“ Werk ist eine umfangreiche Liste zwischen Kammermusik und Oper bei Boosey & Hawkes verlegt. Der zweite Aspekt ist der einer sensiblen Reaktion auf das soziale, gesellschaftliche, politische Umfeld, das sie gewissermaßen osmotisch aufnimmt. Ihre in Heidelberg vorgestellten Kompositionen sind entsprechend vielschichtig, auch doppeldeutig, aber immer äußerst stringent gearbeitet. Zerstören II ist bei den Heidelberger Philharmonikern unter Gastdirigent Antony Hermus bestens aufgehoben, weil attraktiv musiziert.
„Die Klänge sprechen zu mir“, sagt Shiphorst im Gespräch. Man glaubt es ihr, weil man es spürt und hört.
Eckhard Britsch, 28.2.2015
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