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Scharfe Worte statt klarer Antworten


 
 

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Am Staatstheater Braunschweig scheint einiges im Argen zu sein. Dieser Eindruck entstand bei einem kulturell interessierten Bürger, der sich daraufhin an den Intendanten wandte. Doch dieser Intendant spricht offenbar nicht mit jedem. Zeit, genauer hinzuschauen.

Eine Kulturinstitution wie ein Staatstheater steht ganz besonders im Interesse seiner Besucherinnen und Besucher. Hier werden deren Steuergelder in Millionenbeträgen ausgegeben, was per se eine besondere Auskunftspflicht nach sich zieht. Viele Bürgerinnen und Bürger fühlen aber auch eine ganz besondere Bindung zum Theater in ihrer Stadt. Das weiß jeder Intendant, der auf einer öffentlichen Premierenfeier im Normalfall zumeist damit beschäftigt ist, Lob und Tadel zu empfangen. Manchmal schreiben besonders interessierte Menschen dem Intendanten auch einen Brief. Dieser wird dann in der Regel freundlich von der Intendanz, sprich einem Mitarbeiter des Intendanten, beantwortet. Und die Angelegenheit ist vom Tisch. Nicht so am Staatstheater Braunschweig. Dem fühlt sich der heute 46-jährige Medizinjournalist und Diätberater Sven-David Müller seit seinem 15. Lebensjahr besonders verbunden.

Seit einiger Zeit scheint für Müller beim Staatstheater einiges aus dem Ruder zu laufen, erzählt er. Dass er mit dem Spielplan dieser Saison nicht einverstanden sei, sagt er auch. Aber das sind künstlerische Entscheidungen ebenso wie die Besetzungsfragen, die Unverständnis bei ihm auslösen. Besorgniserregend seien allerdings die aus seiner Sicht rückläufigen Besucherzahlen. „Eine Premiere, die nur zu zwei Dritteln besucht ist, ist doch nicht normal“, sagt Müller. Er habe dann im Internet anhand der Kartenverkäufe sehen können, dass es bei den Folgevorstellungen auch nicht besser laufe. Dem widerspricht Alexa Gräfe, Leiterin der Kommunikation, nicht, weist aber darauf hin, dass das Staatstheater in der letzten Spielzeit einen Zuschauerzuwachs verbuchen konnte. Zahlen werden nicht genannt. Überhaupt gibt sich die PR-Abteilung ungewohnt schmallippig. „Der Weggang von Künstlern ist für ein Haus dieser Größe völlig durchschnittlich. Zudem haben alle Wechsel ganz eigene, individuelle Hintergründe“, kommentiert die Fachfrau für Kommunikation den Umstand, dass das Haus am Ende der Spielzeit wohl keinen GMD, Ersten Kapellmeister, Studienleiter, Tanz- und Technischen Direktor mehr hat.

Sachliche Fragen bleiben unbeantwortet

Auch andere Personalentscheidungen sind für Theatergänger Müller nicht nachvollziehbar, und so entschließt er sich, an Joachim Klement, den Intendanten, zu schreiben. Eine Antwort bleibt aus. Das kann mal passieren, also schreibt Müller noch einmal. Schließlich sind vier Briefe unbeantwortet. Und der Unmut ist bis an den Rand der Erträglichkeit gestiegen. Der Fachjournalist beschließt, sich eine solche Ignoranz nicht bieten zu lassen und verfasst einen „offenen Brief“. Ein Intendant ist nicht von Gottes Gnaden eingesetzt, sondern von den Bürgern bezahlt. Und so darf man erwarten, dass er sich zu wesentlichen Fragen über den Fortgang der Spielstätte etwas detaillierter äußert als mit ein paar Andeutungen in der Lokalpresse. Das sieht Klement aber offenkundig anders.

Statt einer Antwort des Intendanten erhält Sven-David Müller Post von der Verwaltungsdirektorin des Theaters, Claudia Schmitz. Auf die offenen Fragen geht die studierte Juristin nicht ein. Das wäre ja auch Sache des Intendanten gewesen. Stattdessen verbietet sie Müller den Mund. „Sollten Sie dieser Aufforderung nicht nachkommen, sehen wir uns gezwungen, zum Schutz des Hauses rechtliche Schritte gegen Sie einzuleiten“, droht Schmitz unverhohlen. Und steigt noch einmal ganz von oben herab. „Gehen Sie davon aus, dass die Theaterleitung sowohl die Zuschauerzahlen als auch die Finanzen genau im Blick hat und sämtliche damit verbundenen Entscheidungen seriös und im Sinne des Hauses getroffen werden.“ Genau daran zweifelt Müller jetzt eher noch mehr denn zuvor.

Kein Maulkorb für Theaterbesucher

Ein solcher Kommunikationsstil, wie er am Staatstheater Braunschweig gepflegt wird, könnte die Kulturinteressierten und -verantwortlichen der Stadt und des Landes aufhorchen lassen. Wo so gemauert wird, dass es gar keinen Eisernen Vorhang mehr braucht, um sich nicht hinter die Kulissen blicken zu lassen, liegt der Verdacht nahe, dass der Blick der Theaterleitung auf Zuschauerzahlen und Finanzen möglicherweise doch unschärfer ist, als es in der Eigenwahrnehmung erscheint. Sven-David Müller jedenfalls, sagt er, wird sich den Mund nicht verbieten lassen.

Michael S. Zerban, 2.12.2014

 


Das Staatstheater Braunschweig ist
ein Landesbetrieb und finanziert sich
unter anderem durch Gelder von Land
und Stadt.


Joachim Klement, Intendant am
Staatstheater, redet offenbar nicht gern
mit Menschen außerhalb des Theaters.


Verwaltungsdirektorin Claudia Schmitz
beantwortet auch gern schon mal
Briefe, die nicht an sie gerichtet sind,
dann aber „mit Schmackes“.


Alexa Gräfe leitet seit August die
Abteilung für Kommunikation. Viel zu
tun gibt es da anscheinend nicht.


Sven-David Müller ärgert sich über ein
Theater, das zwar von ihm bezahlt
werden, aber nicht mit ihm reden will.