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NEWS 

Kulturflucht in der Provinz


 

Klaus Florian Vogt


Tenor Klaus Florian Vogt macht sich
für den Erhalt der vielfältigen
deutschen Orchesterlandschaft
stark.

 

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Sparziel Kultur

Zwar wurde die Auflösung der Bergischen Symphoniker noch einmal abgewendet, doch es bleibt die Frage offen, was für Folgen sich durch die von der Stadt Remscheid geforderten Sparmaßnahmen ergeben.

Wenn gespart werden soll, dann stehen kulturelle Institutionen meist an oberster Stelle. So müssen gerade besonders kleine Orchester um ihre Existenz bangen. Nicht nur die Deutsche Orchestervereinigung warnt vor dem Verschwinden der weltweit einzigartigen, flächendeckend kulturellen Versorgung Deutschlands. Gerade erst hat der Deutsche Kulturrat eine Rote Liste für bedrohte kulturelle Institutionen erstellt. Zwar rühren auch Prominente - wie Tenor Klaus Florian Vogt - die Werbetrommel für den Erhalt der kulturellen Vielfalt durch die Orchester, dennoch richtet die Öffentlichkeit den Blick lieber auf prestigeträchtigere Einrichtungen wie die Kölner Oper. Zurzeit – um nur einige Fälle aufzulisten – gibt es bundesweit Anstalten, das meist nur kurzfristige Sparpotential in den Orchestern zu nutzen: Nicht nur der SWR denkt über Einsparungen durch Zusammenlegung der beiden Sinfonieorchester nach (Opernnetz berichtete), sondern auch die Finanzierung der Nordwestdeutschen Philharmonie ist noch keineswegs gesichert. Anderweitig „retten“ Fusionen den Bestand, wie kürzlich in Sachsen die Sachsen Neue Elbland Philharmonie Riesa und Orchester der Landesbühnen Sachsen/Radebeul.

Allerdings zeigt sich in NRW, dass es keinesfalls dabei bleiben muss. In den Städten Remscheid und Solingen geht es seit letztem Jahr um den Bestand der Bergischen Symphoniker, die seit 1995 ein Beispiel für eine mehr als nur funktionierende Orchester-Ehe sind. Nur waren die dadurch erzielten Einsparungen der Stadt Remscheid noch längst nicht genug. Im Rahmen einer Haushaltssanierung wurde vorgeschlagen, den Gesellschaftsvertrag mit Solingen aufzukündigen und so bereits im ersten Jahr 800.000 Euro einzusparen.

Zwar wurde die Auflösung dieser fruchtbaren Zusammenarbeit vor allem durch den Protest aus der Bevölkerung – besonders durch eine erfolgreiche Petition – noch einmal abgewendet, allerdings ist noch nicht an Aufatmen zu denken. Denn nur, wenn das durch den Beschluss der Stadt Remscheid geforderte Sparziel von 500.000 Euro erreicht werden kann, sind zehn Jahre Bestandsschutz und die Größe eines B-Orchesters weiterhin garantiert. Bei einem Jahresgesamtbudget von 4,5 Millionen Euro schmerzt jede Kürzung. Noch wartet man sogar mit der eigentlich fälligen Vertragsverlängerung für GMD Peter Kuhn.

Um dieses Sparziel und damit den Erhalt des Orchesters zu ermöglichen, haben sich verschiedene Arbeitsgruppen gebildet, darunter auch ein unabhängiger Initiativkreis „Zukunftsperspektive Bergische Symphoniker“, in dem neben Vertretern der Wirtschaft auch die ehemaligen Oberbürgermeister Remscheids, Reinhard Ulbrich, und Solingens, Franz Haug, sitzen. Ebenfalls mit dabei ist Harald Lux, Vorsitzender der Remscheider Orchesterfreunde. Er sorgt sich vor allem um die Qualität, Vielfalt und Leistung der Symphoniker, die durch eine Verkleinerung des Orchesters gefährdet wären. „Meine Zielsetzung als Vertreter der Remscheider Orchesterfreunde ist, dass wir sparen wollen, aber im Sinne von Synergien und nicht sparen zu Lasten der Qualität“, betont der Vorstand. Sollten die 500.000 Euro nicht eingespart werden können, so sei der Bestand weiterhin nicht gesichert. Doch konkret ist noch nichts beschlossen, die Größenordnung der Einsparungen sei weiterhin unklar.

Ob die Bergischen Symphoniker das Sparziel erreichen, weiterhin ihr vielfältiges Programm und vor allem die vorbildliche Jugendarbeit aufrecht erhalten können und ob sie bald ohne GMD dastehen, werden die kommenden Monate zeigen.

Miriam Rosenbohm, 21.8.2012

 


Ob die Bergischen Symphoniker die
aktuelle Größe beibehalten können,
ist nach wie vor fraglich.


Peter Kuhn ist seit 2009/10 GMD des
Orchesters. Die Zukunft bei den
Bergischen Symphonikern ist noch
ungewiss – Vertragsverhandlungen
laufen noch.


Remscheider Rathaus: Die Stadt
Remscheid nimmt den Kulturabbau in
Kauf, um den maroden Haushalt zu
sanieren.


Der ehemalige Oberbürgermeister
Remscheids Reinhard Ulbrich hatte
Anteil an der Gründung der Bergischen
Symphoniker und arbeitet mit an der
Bewerkstelligung der Einsparungen.