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KOMMENTAR

September 2012


 


 

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Ab in die Provinz

Gerade hat die Republik in Köln erlebt, wie man Kulturpolitik gestaltet, wenn man der eigenen Stadt größtmöglichen Schaden zufügen will, da sieht es so aus, als mache sich auch Münster auf den Weg zum provinziellen Niveau. Kaum ist Ulrich Peters als Generalintendant berufen, will man ihm das Geld streichen, das er für sein Haus braucht.

Münster, seit dem 13. Jahrhundert Hansestadt, seit 1816 Hauptstadt der preussischen Provinz Westfalen, und seine Kultur sind sich nicht grün: Im April 2008 lehnte die Bevölkerung in einem bindenden Bürgerentscheid den Bau einer neuen Kultur- und Kongresshalle ab, seit einem Jahr tobt ein heftiger öffentlicher Streit darüber, ob die einzige große Freifläche in der Stadt vor dem Schloss der Universität weiterhin Hindenburgplatz oder doch wieder Schlossplatz heißen soll. Und im August überraschte die Verwaltung den neuen Generalintendanten Ulrich Peters, bisher in Augsburg und München als Intendant tätig, mit der Auflage, eine zehnprozentige Etatkürzung zu verkraften. Das entspricht etwa zwei Millionen Euro.

Noch gibt es keine Vorlage, keine Beratungen, keinen Beschluss des Rates, ob und wie diese „Gedankenspiele“ umzusetzen seien. Gleichwohl halten sich Gerüchte, im Fünf-Sparten-Haus Münster ginge es dem Tanztheater mit zwölf Tänzern und der Kinder- und Jugendsparte an den Kragen. Dazu Peters: „Ich habe einen Fünf-Jahres-Vertrag für ein Fünfspartenhaus unterschrieben.“ Eine Spartenschließung kann und mag er sich nicht vorstellen.

Münster, inzwischen mehrfach belobigte Stadt mit hoher Lebensqualität, gut ausgestattet mit mittleren Betrieben und Großfirmen, dazu gerade mit zusätzlichen 36 Millionen Euro von der Landesregierung beglückt, fehlt seit Jahren ein großer, repräsentativer und akustisch ausreichender Aufführungsort für größere Musikwerke. Nach wie vor müssen die Veranstaltungen in das oft zu kleine Theater, einen Hörsaal der Uni oder in die wenig repräsentative Halle Münsterland ausweichen. Die Konkurrenz im Umland wächst und ist da weiter: Vor allem das großzügige Theater-Konzert-Haus in Coesfeld, vom Textilunternehmer Ernsting gebaut und gestiftet, macht – sogar ohne eigenes Ensemble – Münster spürbar Konkurrenz, zieht Abonnenten ab und zeigt, wie es gehen kann. Wieso die Münstersche Kaufmannschaft, sonst mit gewichtiger Stimme kaum zu überhören, hier so konsequent schweigsam bleibt, ist von außen schwer zu verstehen. Dass bei einer derartigen Konstellation die Nachbargemeinden abwinken, wenn eine mögliche Beteiligung an Münsters Kulturkosten in die Debatte gebracht wird, ist durchaus verständlich.

Münster wird es schwer haben, eine weitere Kürzung des Kulturetats zu erklären, wenn es nicht doch zur Provinzhauptstadt werden will.

Horst Dichanz, 1.9.2012

Kommentare geben die persönliche Meinung der Verfasserin oder des Verfassers, aber nicht in jedem Fall die Auffassung von Opernnetz wieder.


Ulrich Peters hat eben sein Amt als
Generalintendant des Theaters in
Münster angetreten, da droht ihm
bereits Ungemach: Die Stadt will ihm
den Etat kürzen.


Hindenburg- oder Schlossplatz? Ein
Bürgerentscheid muss her, während
die wichtigen Entscheidungen
andernorts getroffen werden.


Das Theater der Stadt Münster - Ort
künftiger Auseinandersetzungen oder
Ausgangspunkt kreativer Leistungen,
die über provinzielles Niveau
hinausgehen?

Fotos: Presseamt Stadt Münster