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KOMMENTAR

November 2012


 


 

zurück       Leserbrief

„Köln ist die nördlichste Stadt Italiens“

Das Zitat stammt von einem früheren Kölner Oberbürgermeister. Der hat bestimmt an anderes gedacht, als an das, was sich derzeit wieder rund um die Kölner Oper abspielt. Statt Mailänder Scala gibt es neapolitanischen Hinterhof, statt großer Kunst auf der Bühne kleinkariertes Gezeter in der Öffentlichkeit. Und die Lokalzeitungen mischen begeistert mit.

Es gab Zeiten, da waren Tageszeitungen stolz auf ihre „Gatekeeper-Funktion“. Sie nahmen für sich in Anspruch, nicht jeden Müll zu thematisieren, sondern für ihre Leserinnen und Leser die Relevanz eines Themas zu erkennen, ehe es schwarz auf weiß gedruckt wurde. Zumindest in Köln hat sich das inzwischen geändert. Da biedern sich die lokalen Zeitungen als Bühnen für kleinkarierte Verwaltungsstreitigkeiten an, drucken gar Pressemitteilungen im Wortlaut ab. Anstatt zu recherchieren und eine mit Fakten abgerundete Geschichte zu servieren, werden „Erklärungen“ und Gegendarstellungen veröffentlicht. Man kann es drehen und wenden, wie man will: Daraus wird nicht mal eine vernünftige Posse.

Wenn in einer Demokratie eine gewählte Person ihren Aufgaben nicht ordentlich nachkommt oder gar niedere Motive verfolgt, muss die Möglichkeit bestehen, diese Person aus ihrem Amt zu entfernen. Dass dem Kölner Kulturdezernenten nicht an der Aufrechterhaltung der Oper gelegen ist, hat er mehr als einmal bewiesen. Möglicherweise nach dem Motto: Wenn ich nicht selbst Intendant sein darf, soll es auch niemand anders sein. Und wenn gar der Eindruck entsteht, er füge der Oper durch sein Verhalten Schaden zu, ist es wohl an der Zeit, ihn des Amtes zu entheben. Nicht so in Köln.

Intendantin Birgit Meyer, die in der Ausgabe des Kölner Stadt-Anzeigers vom 23.11.2012 schon mal wieder zur Operndirektorin degradiert wird, ist jetzt nach eigenen Angaben aufgefallen, dass Kulturdezernent Georg Quander Landeszuschüsse nach eigenem Gutdünken zugunsten des Kölner Schauspiels umgeschichtet hat. Bei einem Gesamtetat von etwa 39 Millionen Euro ist hier die Rede von ein paar hunderttausend Euro. Die ohnehin schon finanziell arg gebeutelte Oper mag dadurch noch weiter beengt werden. Seit dem Amtsantritt von Meyer fällt die Kölner Oper ohnehin nicht mehr durch künstlerische Höhenflüge auf. Da mag es opportun sein, schon mal vorzubauen und auf weitere Einschnitte hinzuweisen, seien sie auch noch so marginal. Aber auch wenn der Kulturdezernent schlicht unverantwortlich gegenüber der Oper handelt, ist hier die Rede von einem Verwaltungsakt – nicht weniger, aber eben auch nicht mehr. Inzwischen hat die Stadt Köln die Intendantin darauf hingewiesen, dass zumindest ein Teil ihrer Behauptungen nicht zutreffend sei.

All das ist in diesen Tagen in Kölner Tageszeitungen nachzulesen. Ganz abgesehen davon, dass sich die Blätter hier von den Interessen der Akteure lenken lassen und einen Voyeurismus bedienen, der mit Journalismus nicht das Geringste zu tun hat, fügen alle Beteiligten – Intendanz, Kulturdezernat und Zeitungen – der institutionalisierten Kultur nicht wieder gut zu machenden Schaden zu. Glaubwürdig ist in diesem Gezänk ohnehin längst keiner der Beteiligten mehr; aber am Ende des Tages wird es wieder ein paar Menschen mehr geben, die sich fragen, wozu um alles in der Welt solche Institutionen überhaupt unterstützt werden müssen. Der Zeitpunkt ist überfällig, an dem die so genannten Kulturschaffenden sich auf ihre eigentlichen Aufgaben besinnen. Oder Menschen Platz machen, die das besser können. Da dürfte es viele geben.

Michael S. Zerban, 24.11.2012

Kommentare geben die persönliche Meinung der Verfasserin oder
des Verfassers, aber nicht in jedem Fall die Auffassung von Opernnetz wieder.


Birgit Meyer, Intendantin der Kölner
Oper, nutzt die Kölner Tageszeitungen,
um ihre Interessen durchzusetzen. Die
Zeitungen spielen mit.


Will sich nicht gern erinnern:
Absprachen sind für Georg Quander,
Kulturdezernent der Stadt Köln,
Makulatur, wenn sie nicht in einem
Vertragswerk auftauchen.


Der Kölner Stadt-Anzeiger gibt sich
nicht mit Bagatellen wie journalistischer
Einordnung und Abgrenzung ab. In der
Ausgabe vom 23.11.2012 veröffentlicht
die Zeitung die Pressemitteilung der
„Operndirektorin“ Meyer als „Erklärung“
im Wortlaut.