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KOMMENTAR

Juni 2012


 


 

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Die Arbeit hat erst begonnen

Duisburg will die so genannte Opernehe mit Düsseldorf als "Opernehe light" fortsetzen, Düsseldorf findet sowieso alles prima und in Köln ist der Opernintendant vorläufig geschasst. Also alles wieder in Ordnung in der Rheinischen Bucht? Von wegen. Kommunalpolitiker entscheiden in Gutsherrenmanier, alte Denkmuster werden wie eiserne Vorhänge herabgelassen und für die Kultur sieht es trotzdem nicht viel besser aus.

Die Euphorie war groß am vergangenen Montag. Um kurz vor 17 Uhr sprachen sich 41 gegen 33 Ratsmitglieder in Duisburg für die Fortsetzung der so genannten Opernehe zwischen Düsseldorf und Duisburg aus. Dafür hatte die Deutsche Oper am Rhein gekämpft, mehr als 50.000 Unterschriften für eine Petition gesammelt. Zwei Benefizkonzerte fanden in Duisburg statt. Vor jeder Aufführung wurde um das Engagement der Bürgerinnen und Bürger gebeten. Wie selbstverständlich ist nun in vielen Medien zu lesen, dass Opfer zu erbringen seien, um anderthalb Millionen Euro einzusparen. Das alles, weil eine Verwaltung, offensichtlich ohne groß nachzudenken, eine Vorlage erstellt hat. Ohne überhaupt in Frage zu stellen, ob diese anderthalb Millionen überhaupt eingespart werden können, sind die üblichen „Lösungen“ schnell auf dem Tisch: Erhöhung der Eintrittspreise, Ausschluss des Balletts und Erschließung neuer Zuschauergruppen bei den Migranten. Dass eine Erhöhung der Eintrittspreise noch mehr Zuschauer ausschließt, ist eine Binsenweisheit. Das Ballett auszugliedern, ist eine Idee, die man vorsichtshalber erst gar nicht mit Ballettdirektor Martin Schläpfer bespricht. Der lässt prompt schon mal verlauten, er wisse gar nicht, ob er seinen Vertrag verlängern wolle. Welche Geisteshaltung hinter dem Vorschlag steht, doch mehr Migranten in die Oper zu locken, braucht hier wohl kaum erläutert zu werden.

In Notlagen gibt es immer Schmarotzer, die versuchen, aus der Not der anderen noch ihren Nutzen zu ziehen. Und schon lehnt sich der Kölner Kulturdezernent, der sich „aufsässiger Künstler“ schon mal schnell per fristloser Kündigung zu entledigen versucht und offenbar unfähig ist, seinen eigenen Kulturbetrieb zu finanzieren, weit aus dem Fenster und möchte gern am Ballett teilhaben. Vermutlich, weil es da einen Direktor gibt, der sich nicht lautstark zur Wehr setzt, wenn das Wohl seines Instituts bedroht ist. Die Düsseldorfer sind gut beraten, solchen Umgang zu vermeiden.

Um weiteren Auswüchsen entgegenzuwirken, hat die Deutsche Oper am Rhein den Stadtratsbeschluss veröffentlicht. Und siehe da: Der Stadtrat ist besser als sein Ruf. Er hat nicht nur für den Fortbestand der Kooperation zwischen Düsseldorf und Duisburg votiert, sondern mit der Maßgabe, dass eine Million Euro einzusparen sei, den modus operandi der Deutschen Oper am Rhein überantwortet. Nun liegt es also an den Kulturschaffenden selbst, vernünftige Wege zur Einsparung zu finden. Dazu haben sie ausreichend Zeit bekommen, sich zu beraten. Das klingt fast zu schön, um wahr zu sein.

Bei aller Freude für die Duisburger: Nun muss die Deutsche Oper am Rhein aus den Geschehnissen die richtigen Konsequenzen ziehen. Denn eines haben sie gezeigt. Es ist der Oper bislang offenbar nicht gelungen, sich im Bewusstsein ihrer Bürgerinnen und Bürger als notwendige kulturelle Institution zu verankern. Viele, viele Menschen haben für die Petition gekämpft – und für die ist es mit Sicherheit ein persönlicher Erfolg, es auf 50.000 Unterschriften oder mehr gebracht zu haben. Allerdings haben Duisburg und Düsseldorf zusammen mehr als eine Million Einwohner, und weltweit konnte sich jeder, der über einen Internetzugang verfügt, an der Petition beteiligen. Da stimmen die Relationen nicht, zeigen aber dringenden Handlungsbedarf. Betroffen ist davon sicher nicht nur die Düsseldorfer und Duisburger Oper – in Köln fielen die Zahlen noch erheblich niedriger aus. Wenn es den Häusern in den kommenden Jahren nicht gelingt, ihren oft noch als elitär wahrgenommenen Habitus gegen eine breite gesellschaftliche Akzeptanz einzutauschen, werden sie aus der Spardiskussion nicht herauskommen – oder darin untergehen.

Michael S. Zerban, 26.6.2012

Kommentare geben die persönliche Meinung der Verfasserin oder des Verfassers, aber nicht in jedem Fall die Auffassung von Opernnetz wieder.


Der Spielbetrieb in Duisburg kann wohl
weitergehen.Wenn nicht noch von
höherer Stelle dagegen entschieden
wird.


Georg Quander, Kulturdezernent in
Köln, hat kein Geld, um die Oper zu
finanzieren, will sich aber schon mal seinen "Anteil" am Ballett sichern.


Martin Schläpfer leitet das Ballett der
Deutschen Oper am Rhein. Unter
denkbar ungünstigen
Arbeitsbedingungen bringt er es
immer wieder zu Höchstleistungen.
Jetzt denkt Schläpfer darüber nach,
ob er seinen Vertrag noch einmal
verlängern will.


Solidaritätsaktionen wie hier im
Immanuel-Kant-Park in Duisburg
helfen, öffentlichen Druck aufzubauen.
Für den Erhalt der Häuser muss mehr
getan werden.