Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

KOMMENTAR

November 2014


 


 

zurück       Leserbrief

Netzwerk mit Gschmäckle

Zwei Mal im Jahr tritt die Deutschsprachige Opernkonferenz zusammen. Was höchst offiziell klingt, erinnert eher an geheime Lobby-Treffen. Und wirft, wie die letzte Tagung zeigt, durchaus Fragen auf.

Die Deutschsprachige Opernkonferenz ist, so viel weiß das Deutsche Musikinformationszentrum, eine „Zusammenkunft von führenden Vertretern der Mitgliedsbühnen zum gemeinsamen Erfahrungsaustausch und der Diskussion oder Beratung über aktuelle Themen und Entwicklungen im nationalen und internationalen Opernbereich“. Die Geschäftsstelle ist an der Oper Frankfurt angesiedelt, was Sinn macht, weil der Vorsitzende der Konferenz Bernd Loebe, Intendant der Frankfurter Oper, ist. Seit 1957 tritt die Konferenz in der Regel zwei Mal im Jahr zusammen. Mitglieder sind die drei Berliner Opernhäuser, die Opernhäuser in Dresden, Leipzig, Köln, München, Stuttgart, Frankfurt und Hamburg sowie die Deutsche Oper am Rhein. Hinzu kommen das Opernhaus Zürich und die Staatsoper Wien sowie als assoziierte Mitglieder Royal Opera House Covent Garden in London und die Pariser Oper. Damit erschöpfen sich im Wesentlichen die Informationen über ein Institut, das sich nicht so gern in der Öffentlichkeit zeigt. Einen Internetauftritt wird man vergebens suchen, ein Interview über die Opernkonferenz lehnt Loebe ab. Wer den dreitägigen „Kaffeeklatsch unter Freunden“ finanziert – keine Angaben.

Nun ist ja grundsätzlich gegen ein Netzwerk nichts zu sagen. Man trifft nette Leute mit gleichen Interessen und veröffentlicht anschließend eine Pressemitteilung, die von vielen Medien anstandslos veröffentlicht wird. Unterstellen wir auch noch, dass die Treffen privat finanziert sind, so dass der Steuerzahler keine Vergnügungsreisen zu tragen braucht, besteht nicht einmal ein Anspruch der Öffentlichkeit auf Information. Könnte man sich also die Pressemitteilung, die zumindest der Steuerzahler vergütet, auch sparen. Aber ganz so harmlos ist es denn wohl doch nicht. Zumindest der Verdacht kartellähnlicher Absprachen drängt sich auf. So war Gert Uecker, zu der Zeit noch Intendant der Dresdener Oper, 2010 stolz darauf, dass man die Spitzengagen von Sängern gedeckelt habe. Abseits einer rechtlichen Würdigung wären solche „Entscheidungen“ höchst diskussionswürdig – wenn sie denn in die öffentliche Diskussion gerieten.

Dieser Tage fand das „Herbsttreffen“ in Hamburg statt, wie üblich, ohne die Öffentlichkeit im Vorfeld oder über Inhalte zu informieren. Stattdessen kommt die obligatorische Pressemitteilung nach der Veranstaltung. Ein elitäres Clübchen „fordert“ ein „Umdenken beim Abschluss von Verträgen mit Generalmusikdirektoren“. Ein solches Thema wird von den Medien dankbar aufgegriffen, klingt es doch sehr nach „Einsparpotenzialen“. Die polemischen Argumente werden gleich mitgeliefert. Da sei es doch ungerecht, dass die GMD so wenig dirigieren, „keine kontinuierliche Ensemble- und Repertoire-Arbeit leisten“ und dabei so viel Mitspracherecht in Leitungsfragen haben. „Hier ist ein Umdenken der Kulturpolitik gefordert, die viel zu sehr geneigt ist, sich vom Glanz eines Dirigentennamens blenden zu lassen“, legt Loebe noch einen drauf. Dem kann man nur zustimmen und sich empören, dass ein solcher Musiker dafür auch noch viel Geld bekommt. Eigentlich. Aber natürlich geht es nicht um GMD, die den Intendanten einfach vor die Nase gesetzt werden, was so selbstverständlich nicht stimmt, sondern um den Machtgewinn der Intendanzen. Und der kann ganz und gar nicht im Sinne des Publikums sein. Wenn der Intendant oder die Intendantin ohne Korrektiv auf Augenhöhe schalten und walten kann, wie er oder sie will, hat das erstens wenig mit demokratischen Strukturen zu tun und ist zweitens absolut keine Garantie für den Erfolg eines Hauses, wie die Gegenwart zeigt.

Ein platter Manipulationsversuch als Ergebnis eines dreitägigen „Elite-Treffens“? Wäre dem tatsächlich so, sähe es erbärmlich um die europäische Opernlandschaft aus. In jedem andern Fall wäre von einer „Konferenz“, in der alles mit rechten Dingen zugeht, ein ordentliches Ergebnispapier zu erwarten, das der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Bei der Deutschsprachigen Opernkonferenz sind selbst die Teilnehmer geheim. Und so schließt die Pressemitteilung mit der Nachricht „An dem diesjährigen Treffen nahm auch ein Vertreter der Mailänder Scala teil“. Geheime Treffen und Absprachen liegen zwar im politischen Stil der Gegenwart – besser oder gerechtfertigter werden sie deshalb aber nicht.

Michael S. Zerban, 24.11.2014

Kommentare geben die persönliche Meinung der Verfasserin oder
des Verfassers, aber nicht in jedem Fall die Auffassung von Opernnetz wieder.


Bernd Loebe, Intendant der Oper
Frankfurt und Vorsitzender der
Deutschsprachigen Opernkonferenz,
gibt sich gern zugeknöpft, wenn es
um das elitäre Treffen geht.


Gert Uecker, früherer Intendant der
Dresdner Semper-Oper, gefiel es,
dass einige wenige Menschen ihre
Macht nutzen, um Marktgesetze
außer Kraft zu setzen.


Da wollen alle mitspielen dürfen:
Kasper Holtens Royal Opera House
wird zum „assoziierten Mitglied“ -
und schon passt es.


Wer tatsächlich an den „Elite-Treffen“
teilnimmt, behält die Opernkonferenz
lieber für sich: Wen man nicht kennt,
den kann man nicht zur Verantwortung
ziehen.