Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

KOMMENTAR

April 2014


 


 

zurück       Leserbrief

Falsche Stoßrichtung

In den Theatern des Landes Sachsen-Anhalt liegen die Nerven blank. Der Kultur-Raubbau der Landesregierung bedroht Dessau, Halle und Eisleben in ihrer Existenz. Als die Magdeburger Intendantin sich in der vergangenen Woche in einem MDR-Beitrag missverständlich äußert, gibt es einen Aufschrei der Empörung von den übrigen Kollegen. Protest ist ja wichtig, aber er sollte sich gegen die richtigen Adressaten wenden.

Das ist einfach eine faire Verteilung des Geldes vom Land innerhalb des Landes. Wir sind immerhin Landeshauptstadt, und wir waren eigentlich auf dritter Stelle. Und das musste ein bisschen nachkorrigiert werden sozusagen“, sagte Karen Stone, Intendantin des Magdeburger Theaters, in einem Beitrag des Mitteldeutschen Rundfunks zum Welttheatertag. Zugegeben, eine unglückliche Formulierung, die, so isoliert von der Mitteldeutschen Zeitung wiedergegeben, bei bösem Willen dahingehend interpretiert werden könnte, dass Stone ausschließlich ihren eigenen Laden im Blick hat. Dass das nicht stimmt, ist in dem Beitrag Fast alles gut in Opernnetz nachzuhören, der im Februar zu eben diesem Thema erschien. Da erklären die Intendantin und ihr Stellvertreter Marc Stefan Sickel nicht nur die Entwicklung des Theaters Magdeburg in den vergangenen Jahren, sondern senden ausdrücklich auch eine Solidaritätsadresse an die übrigen Theater im Lande. Anstatt also gelassen über eine unglückliche Bemerkung hinwegzugehen, wird vom Theater Dessau umgehend eine Pressemitteilung veröffentlicht, in der die Intendanten André Bücker, Ulrich Fischer und Matthias Brenner Stone „einen beispiellosen Akt der Entsolidarisierung“ vorwerfen. Die Aktionsgemeinschaft 5 nach 12, ein Bündnis von Gewerkschaften, Landesmusikrat und anderen Vereinen, greift das sofort in Facebook auf und kartet noch nach, indem auf einen Artikel aus dem Jahr 2011 verwiesen wird, in dem auf ein Fehlverhalten von Karen Stone hingewiesen wird, das mit dem Thema aber auch gar nichts zu tun hat.

Protest gegen die Entscheidungen der Landesregierung ist das eine. Das ist richtig und notwendig. Und da darf auch mit aller Vehemenz gefochten werden, denn da sitzen die Verantwortlichen. Wenn aber die Theatermacher in Sachsen-Anhalt nur noch blind wüten und eine Hetzjagd auf eine der ihren eröffnen, schaden sie der Sache. Von der Person einmal ganz abgesehen; aber das scheint ja durchaus im Interesse einzelner zu liegen. Da kann ein Außenstehender nicht mehr nachvollziehen, warum da mit Lehm geworfen wird.

Man muss Karen Stone nicht mögen. Intendanten sind nicht dazu da, gemocht zu werden, sondern ihr Haus zum Erfolg zu führen beziehungsweise – in Sachsen-Anhalt inzwischen dringender – Schaden von Haus und Mitarbeitern abzuwenden. Das ist ihre Aufgabe, und da ist Intendantin Stone in der einen Hinsicht wohl genauso wenig vorzuwerfen wie den Kollegen in anderer Hinsicht.

Dass die Lokalpresse einen Hang zur Skandalisierung zeigt, mag nachzuvollziehen sein – schließlich muss die Auflage gehalten werden. Von den Theaterverantwortlichen in Sachsen-Anhalt aber darf man etwas mehr Gelassenheit erwarten – die haben im Moment doch wirklich andere Probleme. Und die, möchte man annehmen, erfordern ihre ganze Kraft. Wenn aber ein „Aktionsbündnis“ die eigenen Ziele aus dem Blick verliert oder gar ein Musiker in bester Sandkastenmanier öffentlich verkündet, er werde zur Strafe nicht mehr in Magdeburg spielen, dann sollten solche Akteure sich ernsthaft überlegen, ob ihnen wirklich an der Sache, nämlich der Rettung der Kultur in Sachsen-Anhalt gelegen ist oder am eigenen Geltungsbedürfnis. Und das dürfte der Solidarität der Bevölkerung mit den Theatern eher nachhaltig schaden.

Michael S. Zerban, 2.4.2014

Kommentare geben die persönliche Meinung der Verfasserin oder
des Verfassers, aber nicht in jedem Fall die Auffassung von Opernnetz wieder.


Karen Stone, Intendantin am Theater
Magdeburg, ist mit einer
missverständlichen Äußerung in die
Kritik geraten.


André Bücker, Intendant am Theater
Dessau, geht mit den Kollegen Ulrich
Fischer und Matthias Brenner die
Intendantin in Magdeburg an.


Eigentlich ist ein Aktionsbündnis, das
sich für den Erhalt der
Theaterlandschaft in Sachsen-Anhalt
einsetzt, eine gute Sache. So lange es
sein Ziel im Auge behält.


Als das Aktionsbündnis noch 5 vor 12
hieß, fiel es vor allem durch
intelligenten, gewaltfreien Widerstand
auf.