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Oktober 2011


 
 

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Nur die Aufgabe zählt

Gudrun Boyd ist Sängerin und private Gesangspädagogin. Sie hat einen Lehrauftrag an der Universität Osnabrück, gibt Liederabende und singt bei Kirchenkonzerten, Oratorien oder auch bei privaten Familienfeiern. „Singen ist ganz leicht“, sagt sie; „schwer daran ist nur, das zu glauben“.

Opernnetz Was steht bei Ihrer Arbeit – speziell beim privaten Gesangsunterricht für junge Operntalente – im Vordergrund? Was ist das Credo Ihrer Arbeit?

Gudrun Boyd Das Credo meiner Arbeit ist, die jungen Sänger zu ihrer eigenen ganz einzigartigen Stimme zu führen. Ich möchte sie dahin führen, das paradoxe Erlebnis spüren zu lassen, dass nur ein entspannter Körper die eigene Resonanz voll auszunutzen kann. Dann ist Singen ganz leicht!

Die Schwierigkeit besteht darin, diese entspannte Spannung - eben paradox - zuzulassen und neugierig zu sein, was dann geschieht.

Opernnetz Welche Ratschläge geben Sie den jungen Sängerinnen und Sängern bezüglich ihrer Stimmausbildung für die Zukunft mit auf den Weg? Ihr wichtigster Rat?

Boyd Viele kleine und auch große Muskeln – vom Mundwerk bis zur bewussten Körpersprache – müssen täglich trainiert werden. Dann stehen sie leicht zur Verfügung, und es braucht viel weniger Anstrengung. Wichtig ist auch, die Funktion der Stimme von der Emotion zu trennen.

Und: Musikalische Anforderungen sollten intellektuell zuerst einzeln trainiert werden, zum Beispiel Rhythmus, Worte, Melodie, um dann bewusst und sicher zu wissen, was zu tun ist und wie es sich zusammensetzt.

Der wichtigste Rat: Nimm dich selbst nicht so furchtbar wichtig, sondern das, was deine Aufgabe ist!

Opernnetz Sie sind sowohl mit der privaten oder institutionalisierten Stimmausbildung vertraut. Wo sind die entscheidenden Unterschiede? Was empfehlen Sie jungen Gesangstalenten?

Boyd Der private Unterricht ist sehr weitreichend. Von der Vorbereitung auf das Studium bis zu Hobbysängern ist alles vertreten und richtet sich mehr nach den jeweiligen Wünschen der Schüler. Auch die Literatur ist dabei sehr weitreichend – von Barock bis Pop. Und das Alter der Lernenden geht von neun Jahren bis ins hohe Rentenalter.

In einer Institution sind bestimmte Richtlinien und Anforderungen vorgegeben, die in einem bestimmten Zeitrahmen erfüllt werden müssen. Auch das Alter beim Studium liegt zwischen 20 und 30 Jahren. Am Ende stehen Prüfungen und dann hoffentlich die Arbeitswelt.

Als Gesangslehrer versuche ich, die Eigeninitiative und -verantwortung der Schüler und Studenten zu fördern und zu fordern. Da die Stimme sehr an die menschliche Psyche gekoppelt ist und dadurch von der psychischen Verfassung beziehungsweise der Tagesdisposition abhängig ist, sollte sich der Sänger ein klares Bewusstsein über sich selbst verschaffen.  Er muss seine Vor- und Nachteile genau kennenlernen. Nur dann kann er mit seiner jeweiligen Tagesdispositionen und der vielleicht auftretenden Nervosität gut umgehen. Das ist immer ein ganz individueller Weg für jeden einzelnen Schüler und Studenten.

Die Fragen stellte Ulrike Naim am 3.10.2011