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Buchbesprechung

Walküre in Detmold


Autor



Kaufinformationen

Ralph Bollmann:
Walküre in Detmold - eine Entdeckungsreise in die Provinz

Klett-Cotta Stuttgart

ISBN 978-3-608-94621-5

Gebunden, 20 Euro


Points of Honor                      

Buchidee

Stil

Erkenntnis

Preis/Leistung

Verarbeitung

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Reminiszenzen aus dem "Alten Reich"

Schon der Titel macht klar: Da taucht ein selbsternannter Weltbürger ab in die Tiefen des Kuriosen („Als Freund der ... Exotik schätze ich [die] Provinzopern“) Er lässt sich herab, deutsche Kulturräume seiner Huld teilhaftig zu werden „als Berliner in der Provinz“. Dabei ist Bollmann nichts anderes als ein großmäuliger Binnen-Immigrant aus Tübingen, der nichts anderes vertritt als ranzige Vorurteile - ohne sich auf die realen Verhältnisse einzulassen. So sind sie eben, diese skurrilen „deutschen Kleinstädter“: Voll ihrer missionarischen Botschaft, vollgepfropt mit enzyclopädischen Wissens-Elementen, außerstande die Wirklichkeit differenzierend wahrzunehmen.

Nach diesem faktenhuberischen Prinzip verfährt dieser Kandidat des munteren Drauflos-Schreibens: Da plant er „akribisch“ ein dreizehnjähriges (!) Projekt mit dem Besuch von 84 Opernhäusern, da gibt er an, sich intensiv mit den Historien der Städte und ihrer Theater auseinandergesetzt zu haben, da führt er zufällige Gespräche, taucht ab in Bibliotheken und Archive, besucht tatsächlich 84 Opern-Aufführungen.

Aber was kommt dabei rum? Der Mann hakt diese Opernhäuser ab, vermittelt aber bloß das, was er gelesen, gehört, erahnt und abgeschrieben hat – die gesehenen Opern werden zu zufälligen Marginalien. Statt dessen schöpft der weiter nicht qualifizierte „Historiker“ aus Zufalls-Erkenntnissen über Anekdoten aus dem „Alten Reich“ – so als ob die deutschen Opernhäuser ihre Wurzeln vornehmlich im 18. Jahrhundert hätten.

Dazu kommen sachliche Fehler (z.B. nicht existierende Lokalzeitungen in Hagen), verblüffende Erlebnisse (ein „dichtes Netz von Stadtautobahnen bei Wetzlar“) oder rudimentäre Storys zur Opern-Architektur. Kurz: Dem Mann fehlt es an inhaltlicher Substanz! Er vermag nicht einmal den Begriff „Provinz“ auch nur einigermaßen plausibel abzuleiten; für seine lapidaren Geschmacksurteile lässt er keinerlei Kriterien erkennen; die spezifischen Traditionen der 84 Opernhäuser sind ihm fremd.

Das alles könnte indigniert abgehakt werden - wenn dieser Möchtegern nicht im Klappentext auf seinen Besuch der Deutschen Journalistenschule in München verweisen würde: Am Beispiel dieses präpotenten ehemaligen taz- und jetzigen FAS-Autors wird das Elend des aktuellen Journalismus’ deutlich: Selbstgerecht urteilend, fußend auf punktuellem Wissen, oberflächlich informiert – aber überzeugt vom selbstgebastelten Ego, werden rudimentäre Kenntnisse mit Aplomb auf die für unwissend gehaltene Öffentlichkeit abgesondert.

Franz R. Stuke