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Buchbesprechung

Von der Welt Anfang und Ende. Der Ring des Nibelungen in München


Autorin



Birgit Pargner, 1958 in Osnabrück geboren, aufgewachsen in Kaufungen bei Kassel, studierte Theaterwissenschaft, Neuere deutsche Literatur und Amerikanische Kulturgeschichte in München mit dem Abschluss der Promotion. Heute arbeitet sie als Archivleiterin, Stellvertretende Direktorin und Ausstellungsmacherin im Deutschen Theatermuseum in München. Bisher sind von ihr bereits Biografien zu Marianne Hoppe, Otto Falckenberg und Paul Bildt erschienen.


Kaufinformationen

Birgit Pargner (Hrsg.):
Von der Welt Anfang und Ende. Der Ring des Nibelungen in München

Henschel Verlag

ISBN 978-3-89487-738-5

Broschur, 240 Seiten, 30 Euro


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Bilder einer Ausstellung

Die Verbindung zwischen München und Wagners Ring des Nibelungen existiert länger als das Bayreuther Festspielhaus. In seiner Ungeduld lässt Wagner-Förderer König Ludwig II. das Rheingold und die Walküre gegen den Willen des Komponisten in München uraufführen. Knapp über 140 Jahre später ist der Ring immer noch ein fester Bestandteil der Bayerischen Staatsoper. Neuinszenierungen wie die jüngste von Andreas Kriegenburg werden mit Spannung erwartet. Zum 200. Geburtstagsjubiläum widmet das Deutsche Theatermuseum in München der Tetralogie des Meisters die Ausstellung mit dem Titel Von der Welt Anfang und Ende – Der Ring des Nibelungen in München. Eine gleichnamige Publikation gibt einen interessanten Einblick in die Inszenierungsgeschichte des Rings in München.

Dementsprechend nimmt das Kapitel Wagners Bühnenweihfestspiel – „ein gewöhnliches Theaterkind“ von Robert Braunmüller mit 102 Seiten den größten Platz des Buches ein. Von den Anfängen ausgehend, beschreibt er sehr ausführlich und lesenswert, wie sich die Inszenierungen in München entwickelt haben. Bei der Lektüre drängt sich schnell das Sprichwort auf: Aller Anfang ist schwer. Selbst der Ring des Nibelungen macht da keine Ausnahme. Wagner muss seine mystischen Bilder technisch umsetzbar auf die Bühne bringen und die Zuschauer mit seinem Konzept gefangen nehmen. Immerhin widerlegt er seine eigene Einschätzung bald selber, dass der Ring nicht aufführbar wäre. Dank Braunmüllers kritischen Blicks und den zahlreichen Beschreibungen aus der Vergangenheit, wird deutlich, dass er in Bayreuth und München fast immer gleich aufgeführt wird. Innovationen auf der Bühne bedeuten anfangs, dass ein Felsen statt rechts nun links auf der Bühne steht. Die Impulse für neue An- und Einsichten, so stellt Braunmüller später treffend fest, kommen von anderen Häusern. Natürlich werden die wegweisenden Inszenierungen von Ulrich Melchinger in Kassel, Joachim Herz in Leipzig und Patrice Chereau in Bayreuth angeführt. Bevor Braunmüller sich von einer prominenten Produktion zur anderen hangelt, macht er noch eine längere Station bei der Münchener Inszenierung von Nikolaus Lehnhoff. Bevor man bei der aktuellen Produktion ankommt, wird auch der begonnene Ring von Herbert Wernicke angesprochen, der nach dessen Tod von David Alden weiter geschmiedet wird.

Vielleicht ist es das größte Manko des Buches, dass der Regisseur des neuen Münchener Rings nicht selber zu Wort kommt, sondern seine Inszenierung „nur“ von Jürgen Schläder in einem separaten Kapitel behandelt wird. Die vergangenen Inszenierungen kennt man mittlerweile aus mehr oder weniger offiziellen Quellen jeder Art. Doch von Kriegenburgs noch recht frischer postmoderner Deutung sind die Eindrücke noch nicht so weit herum gekommen. Immerhin bietet das Buch für jeden Geschmack etwas: Die musikalischen Freunde werden mit zwei Kapiteln recht großzügig bedient. Klaus Kalchschmid schreibt über die SängerInnen in der Münchener Ring-Geschichte, während Sebastian Stauss die Dirigenten unter die Lupe nimmt. Ring-Philosophen werden nur allzu gern in Nikolaus Lehnhoffs Gedanken zu Ein Klima der Endzeit. Wagners Ring aus unserer Sicht eintauchen.

Auch dank der wirklich zahlreichen Abbildungen gelingt es dem Buch, den breiten Überblick einer Ausstellung aufzunehmen, ohne dass literarischer Tiefgang zu sehr ausgespart bliebe. Detailforscher müssen freilich in anderen Werken suchen. Auf jeden Fall wird eine gewisse Neugier geweckt, sich mal die Ausstellung vor Ort anzuschauen. Sehr lobenswert ist, dass sich das Buch eine schöne Bescheidenheit beibehält. Nie bekommt man das Gefühl, hier würde eine „Mia san der Ring“-Philosophie vertreten. Stattdessen stellt sich München als ein wichtiges Element der Ring-Geschichte dar. Und das ist zweifellos nicht von der Hand zu weisen.

Christoph Broermann, 24.5.2013