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DVD-Besprechung

Così fan tutte

18.2.2013


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Kamera
Ton

Chat-Faktor


Cover





 

 

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Traditionelle Werkpflege

Die Festspiele von Glyndebourne sind seit ihrer Gründung den Werken von Mozart verpflichtet und haben im Laufe ihrer Gründung einige hörenswerte Interpretationen vorgelegt. Ob die aber auch sehenswert sind, wie die Così fan tutte aus dem Jahr 1975, kann man jetzt selber beurteilen, da Arthaus die Aufzeichnung wieder auf den Markt bringt. Die Inszenierung Adrian Slacks reißt den Zuschauer aber kaum von den Stühlen. Freunde der traditionellen Werktreue können sich getrost zurück lehnen und eine schnörkellose Inszenierung anschauen. Überraschungen hält diese Interpretation nicht bereit. Angefangen beim Kaffeehaus, wo die Idee zur unseligen Wette um die Treue der Frauen aufkommt, ist in dieser Inszenierung alles und jeder am rechten Platz. Das macht auch das Prinzip der Personenführung aus, wo die Gänge forsch an den passenden Punkt zurückgelegt werden, um dort dann auszuharren, bis der nächste Gang anzutreten ist. Die putzige Stufen-Bühne von Emanuele Luzzati kann mit einigen Zwischenwänden aus einem Garten ein Wohnzimmer machen. Und die farbenfrohen Kostüme schaffen es sogar, aus den schneidigen Offizieren langbärtige Albaner zu machen, die fortan den beiden Schwestern den Hof machen. Dass solch ein Experiment die Beziehungen erschüttern muss, kann man in dieser Inszenierung nur erahnen. Am Ende stehen die Versöhnung und ein recht hoffnungsvoll klingendes Finalensemble. Für den DVD-Betrachter gibt es immerhin noch einen kleinen Zusatz. Ganz am Schluss während des Applauses wird der Initiator der Wette, der aufklärerische Don Alfonso, in einer Loge gezeigt, in der er zufrieden den freundlichen Applaus des Publikums für seine aufklärerische Lehrstunde einstreicht.

Diese Inszenierung macht es den wenigen Kameras einfach, eine recht statische, aber immerhin auf den Punkt servierte Kameraregie zu präsentieren. Der Ton ist zuweilen recht offen, aber angesichts der Aufnahmezeit ist die Aufnahme gut gelungen. Dass ist auch gut so, denn Glyndebourne wird dem guten Ruf seiner Mozart-Pflege weitgehend gerecht. Im Ensemble fällt lediglich Anson Austin als Ferrando vom positiven Gesamteindruck ab. Der Tenor verfügt über ein durchaus passendes Timbre, aber nicht über den sicheren Stimmsitz, was alle seine Höhen unter große Anstrengungen setzt. Dagegen ist mit Thomas Allen der Guglielmo absolut luxuriös besetzt. Der kernige Bariton kann in jeder Phrase mit seinen Fähigkeiten punkten. Auch Frantz Pétri singt den Don Alfonso mit einer beachtlichen Stimme, verkörpert mehr den philosophischen Aufklärer als den zynischen Lehrmeister. Danièle Perriers gibt der quirligen Kammerzofe Despina heiteres, aber nie überdrehtes Temperament. Ihre beiden Arien serviert sie mit großer Freude und einem gepflegten Sopran. Helena Doese bewältigt die anspruchsvolle Partie der Fiordiligi sehr ordentlich, ist zuweilen in der Intonation etwas ungepflegt. Ansonsten glänzt die Sängerin mit stolzer Attitüde. Sylvia Lindenstrand ist ihr eine glaubhafte Schwester, ihr schön timbrierter Mezzo ist auch dem neugierigen Charakter der Dorabella passend zugeordnet. Ohne Fehl und Tadel bewältigt auch der Glyndebourne Chorus seinen kurzen Part.

John Pritchard lässt das London Philharmonic Orchestra mit pulsierendem Verve aufspielen. In seinem Dirigat deutet sich einiges an, was die historische Aufführungspraxis in den Jahren danach noch einlösen wird. Nur selten lässt er das Orchester mit breiter Größe agieren. Stattdessen arbeitet er mit feiner Detailarbeit und einem recht hohen Grundtempo. Ihm ist es sicherlich auch zu verdanken, dass man musikalisch nur ganz wenige Kürzungen hinnehmen muss. Die Rezitative sind dagegen zusammen gestrichen.

Eine Veröffentlichung, die vor allem Freunde der nostalgischen Oper oder den Fan der einen oder anderen Stimme erfreuen wird. Ansonsten kann man sich die Anschaffung der DVD durchaus sparen, zumal das Medium auch keine Extras aufweist.

Christoph Broermann

Fotos: Southern Television