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Buchbesprechung

Wagner - Der Ring des Nibelungen


Autor



Studium der Germanistik, Anglistik, Volkskunde und Philosophie in Freiburg/Br., Göttingen, Wien, München und Würzburg. Staatsexamen 1962, Promotion Würzburg 1967, Habilitation Würzburg 1976. Lektor (Glasgow 1962/63), Wissenschaftlicher Assistent Würzburg 1963-1975, Privatdozent (Würzburg 1975/76), Professor (Berlin, FU seit 1977). Gastprofessuren in Olomouc, Peking, Amiens, Bloomington und London.


Kaufinformationen

Volker Mertens:
Wagner - Der Ring des Nibelungen

Bärenreiter/Henschel

ISBN 978-3-76-18226-09

Kartoniert, 215 Seiten, 20 Euro


Points of Honor                      

Buchidee

Stil

Erkenntnis

Preis/Leistung

Verarbeitung

Chat-Faktor


 

 

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Die Tür zum Ring-Universum

Wagners Ring des Nibelungen ist auch in der Welt der Bücher vielseitig vertreten. Warum also eine neue Beschreibung über Wagners Epos um verfluchtes Gold, Machtstreben und Liebe auf den Markt bringen? Schon beim Lesen des Inhaltsverzeichnisses wird klar, dass Autor Volker Mertens der Buchreihe Opernführer kompakt, eine Kooperation der Verlage Bärenreiter und Henschel, gerecht wird. Beginnend bei der Geschichte Wagners, ohne dabei zu sehr ins Detail zu gehen, arbeitet Mertens sich in die Entstehungszeit des Rings hinein und verfolgt dessen Entwicklung. Bevor er in die Handlung der Oper einsteigt, beschreibt der Autor die Vorlagen der Tetralogie und wie Wagner den Mythos aus den Quellen zusammensetzt.

Folgerichtig steht nun die Inhaltsangabe auf den Plan, die Mertens sehr sorgfältig behandelt. Da wird sogar der Stimmumfang der Personen angegeben. Fast zwanzig Seiten in kleiner Schrift lässt er sich Platz, die Handlung akribisch genau wiederzugeben, auch die eine oder andere logische Schwäche darin anzudeuten. In einem separaten Kapitel behandelt der Verfasser Wagners Anwendung der Leitmotive. So können Leser, die Musiktheorie und Notenbeispiele scheuen, um diesen Abschnitt einen Bogen machen. Für den neugierigen Leser ergibt sich bei dieser Beschreibung die Möglichkeit, bei der nächsten Gelegenheit genau hinzuhören. Auch wenn - oder vor allem weil - Mertens' Darstellung sehr umfangreich und genau ist, fällt auf, wenn er ein Motiv in einem zentralen Augenblick nicht aufführt: Beispielsweise in der Walküre, wenn das Schwert Nothung an Wotans Speer zerschellt, oder auch in der Götterdämmerung, als der Fluch vom Ring genommen wird.

Doch auch hier endet für Volker Mertens die Reise durch das Ring-Universum nicht. In den Ring-Aspekten fragt er unter anderem nach dem Gesamtkunstwerk, verortet den Wagner-Sänger richtig auf der Grundlage des italienischen Belcanto und wagt sogar einen recht oberflächlichen Exkurs zum Verhältnis Hitlers zu Wagner. Es folgt der Blick auf die Umsetzung der Kunst. Zunächst auf die Bühne: Beginnend nach der Uraufführung werden viele berühmte Ring-Interpretationen der letzten Dekaden genannt und längst nicht immer nur von den großen Bühnen. Für Kenner ist allerdings genau so wenig viel Neues dabei wie bei der Aufzählung der Zyklen auf DVD und CD. Dem suchenden Leser, der sich eine Kaufhilfe erhofft, können die Beschreibungen helfen, etwas Passendes zu finden. Bei der CD bemerkt man beim Autor eine leichte Tendenz zur Verherrlichung des Wagner-Gesangs der Vergangenheit.

Insgesamt ist dieses Buch sehr gut dazu geeignet, das Ring-Universum zu entdecken. Dabei hilfreich ist der recht lockere, aber nie umgangssprachliche Stil des Autors, der so schreibt, dass man auch seine persönliche Begeisterung entdecken kann. Zudem ist der Textkörper durch diverse Kästen und Steckbriefe aufgelockert, so dass man immer ein paar Informationen neben den Zeilen gewinnen kann. Einige der Pfeildiagramme, die zusätzlich zur Inhaltsbeschreibung die Personenkonstellationen der vier Werke aufzeigen wollen, sind dagegen fast wieder komplex. Eine erfreuliche, aber leider auch sehr knapp gehaltene Ergänzung sind fünf Interviews mit Wagner erfahrenen Künstlern. Wer sich also in den Zug setzt, um seine ersten Ring-Erfahrungen zu machen, der sollte beherzt zu diesem Opernführer greifen, zumal das insgesamt liebevoll aufbereitete Taschenbuch auch kaum Platz im Reisegepäck wegnimmt. Mit diesem kompakten Rundumschlag kann er sich auf Mythos, Handlung und Musiksprache vorbereiten. Hier werden Türen zu Gedanken aufgestoßen, die man in akustischen sowie visuellen Eindrücken und weiterer Literatur vertiefen möchte.

Christoph Broermann