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 DVD-Besprechung

Die Zauberflöte

15.6.2015

 

 

Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Kamera

Ton

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Cover

 

 

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Französisch-niederländische Freundschaft

Wie viele Regisseure sind schon an der Zauberflöte gescheitert. Auf der neuen DVD aus dem Hause Opus Arte erlebt man nun eine Zauberflöte, die sich in einer tollen Symbiose aus Musik und Szene empfiehlt. Die Produktion von Simon McBurney kam 2012 für die Dutch National Opera heraus und erlangte zusätzliche Aufmerksamkeit durch die Übernahme der Festspiele von Aix-en-Provence im letzten Jahr.

Hier wie auch in der Aufzeichnung von 2012 zeigt sich die Genialität von McBurneys Konzept. Selten hat ein Regisseur so einfallsreich die verschiedenen Ebenen der Zauberflöte zusammengeführt. Aktuell ist diese Zauberflöte durch die Kostüme von Nicky Gillibrand. Zeitlos und vor allem praktikabel ist das Bühnenbild von Michael Levine. Seine auf den ersten Blick so schmuck- wie einfallslose Spielfläche erweist sich durch technische Möglichkeiten als symbolischer Ort, der auch in starke Schieflage geraten kann. Außerdem verbindet sie sich optimal mit den Videos von Finn Ross. Live von der Seitenbühne werden Kreidezeichnungen eingespielt, die sich wie eine klassische Erläuterung über die Szene legen. Auch die passenden Geräusche zur Szene – zum Beispiel das berühmte Rasseln der Klapperschlange – werden für alle sichtbar von Gareth Fry eingespielt.  Der Zuschauer erlebt, wie Musik und Szene entstehen. Papagenos Vögel kreisen mit von Statisten geschwenkten Papierseiten um den Vogelfänger. Die Glockenspielbegleitung zu Ein Mädchen oder Weibchen entsteht erst in Weinflaschen, bevor das Instrument die Melodie aufnimmt. Viele, viele Kleinigkeiten machen diese Zauberflöte unvergesslich.

McBurneys Inszenierung drängt sich nicht als Interpretation auf, sondern lässt Freiraum für eigene, aktuelle Assoziationen. Gleichzeitig ist sie in der Personenführung alles andere als beliebig, sondern genau auf den Punkt. Langeweile kommt dabei ebenso wenig auf wie in der musikalischen Interpretation von Dirigent Marc Albrecht, der das Netherlands Chamber Orchestra noch im Laufen zum ersten Akkord den Einsatz gibt. Und die Musiker haben hörbar Spaß an ihrem Mozart. Knallendes Blech, sensible Flöten, sirrende Streicher – in dieser Vielseitigkeit versteht man den Erfolg der Oper.

Die Stimmen fügen sich mit den Rollen zusammen. Maximilian Schmitt als nobler Tamino und Christina Landshamers schön lyrische Pamina geben ein überzeugendes junges Paar. Brindley Sherrats Sarastros kann bei aller Ruhe und Sonorität nicht alle Zweifel an Sarastros Milde zerstreuen. Íride Martínez als packende Königin stemmt sich zu der Hölle Rachen aus ihrem Rollstuhl. Ihre Verzweiflung ist spürbar. Thomas Oliemans darf einen gänzlich klischeefreien Papageno spielen und blüht in dieser Natürlichkeit auf. Nicholas Jenkins hat den Chor der Holländischen Nationaloper bestens vorbereitet.

Wenn alle gemeinsam am Ende das Loblied auf Schönheit und Weisheit singen, stehen die Musiker vor dem Publikum. Ein Effekt, der nicht nur dem laut applaudierenden Publikum gefällt, sondern auch auf dem Bildschirm zur Geltung kommt.

Die Aufnahme von Misjel Vermeiren lässt keine Wünsche offen, da die Kamera immer am Geschehen ist, ohne dabei je gehetzt zu wirken. Dass die DVD dazu noch eine kleine Backstage-Dokumentation bereithält, macht sie umso interessanter.

Christoph Broermann

Fotos: Opus Arte