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 DVD-Besprechung

The Verdi Opera Selection Volume III

13.8.2013

 

 

Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Kamera

Ton

Chat-Faktor


Cover

 

 

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In erster Linie konservativ

Einen opulenten Querschnitt der Verdi-Pflege einmal aus 1990 und zweimal aus 2007, jeweils live von drei unterschiedlichen Spitzenopernhäusern erlebt man auf dieser rechtzeitig zum Jubiläumsjahr von Arthaus herausgebrachten 3-er-DVD-Box.

Aus 1990 stammt Un ballo di maschera von den Salzburger Festspielen, eine Opernproduktion, die eigentlich noch Herbert von Karajan dirigieren sollte, die aber nach dessen Ableben 1989 dann von Georg Solti übernommen wurde.

Es ist eine Ausstattung, wie sie Karajan liebte. Die Bühne stammt von William Dudley, die Kostüme von Luciana Arrighi: Opulent, prächtig, naturalistisch und vor allem sehr ästhetisch. Sei es der riesige Saal des Palastes, der wie eine Bibliothek ausgestattet ist, sei es das unheimliche Kellergewölbe von Ulrica, das Trümmerfeld mit Totenköpfen oder der prächtige Ballsaal, vielleicht nach heutigen Maßstäben etwas kitschig, im letzten Bild mit freischwingenden Treppen und Erkern.

Und ganz wie Karajan es immer wollte und selbst ausführte, so ist die Regie von John Schlesinger: Konservativ, traditionell, aber verständlich und glaubhaft, aber nicht unbedingt verstaubt, jedenfalls ohne irgendwelche Regiemätzchen. Dabei aber keineswegs fad, denn Schlüsselszenen sind durchaus, wie etwa der finale Mord durch mehrmaliges, brutales Niederschießen, durchaus packend inszeniert.

Erste Sahne sind die Sänger: Placido Domingo auf dem Höhepunkt seiner Stimmleistung, blendend disponiert, der sich emotional richtig engagiert. Etwas viel grimassierend und manieriert wirkt Josephine Barstow als Amelia. Aber sie überzeugt mit toller Höhe und schönen Phrasen. In Topform auch Leo Nucci als Renato mit wunderbarem Bariton. Florence Quivar ist eine Ulrica zum Fürchten. Entzückend singt Sumi Jo den Pagen Oscar mit perfekten Koloraturen.

Zwischendurch immer wieder recht zackig, mit wahren Donnerschlägen, wenn es drauf ankommt, aber immer ungemein exakt klingen die Wiener Philharmoniker unter dem energischen und energiegeladenen Georg Solti, der mit manchmal recht straffen Tempi stets aufregend musiziert.

Brillant ist der Ton, allerdings hört man die Sänger, wenn sie weiter hinten stehen, nicht mehr optimal. Die Kamera ist immer im Brennpunkt des Geschehens.

Wie sich die Bilder doch gleichen: Auch La Traviata aus der Mailänder Scala von 2007 ist prächtig ausgestattet, die Kulissen stammen von Dante Ferretti, die Kostüme von Grabriella Pescucci. Besonders luxuriös wirkt der Salon. In der Regie von Liliana Cavani wird die Geschichte der Kameliendame absolut buchstabengetreu und nachvollziehbar erzählt, wobei sich alle Protagonisten als ausgezeichnete Darsteller erweisen. Zwischen den kammerspielartigen Momenten erlebt man ein tolles, pulsierendes Leben.

Zart, zerbrechlich, innig und mit flexiblen Koloraturen singt Angela Gheorghiu die Violetta, manieriert sind nur ihre Gesten. Weich und schmelzig erlebt man Ramón Vargas als Alfredo. Etwas knorrig in der Tiefe: Roberto Frontali.

Sehr sensibel, mit unendlich feinen Tönen erklingt das Orchestra della Scala unter einem souveränen Lorin Maazel, der breite Tempi bevorzugt und die Steigerungen immer spannend herausarbeitet.

Der Ton ist gut, manchmal etwas dumpf, die Kameraführung ist sehr fantasievoll: Neben dem Fokus am Geschehen sieht man zu Beginn nur die Hände des Dirigenten und beim Vorspiel vor dem letzten Bild tränenreiche Reminiszenzen der Violetta.

Und nochmals Opulenz bei La Forza del Destino, ebenfalls aus 2007 vom Teatro del Maggio Musicale Fiorentino. Alte Räume mit alten Tapeten und riesigen Kerzenhaltern oder im Kloster eine riesige, alles dominierende Ikone. Die Bühne stammt von Ezio Frigero, die historischen Kostüme von Franca Squarciapino. Nur wird man hier von den wuchtigen Bildern und der erzkonservativen, statischen Uraltinszenierung von Nicolas Joel quasi erschlagen. Auch einige Szenen sind recht ungeschickt inszeniert, wie etwa der tragische Pistolenunfall zu Beginn.

Kraftvoll, präsent, expressiv, mit enormem Stimmumfang hört man Violeta Urmana als Leonora. Als ihr Vater besticht Duccio Dal Monte mit weichem Organ. Mit dem ihm eigenen Timbre, recht schmachtend und sehr schöner Höhe, erlebt man Marcello Giordano als Alvaro. Etwas zuviel Tremolo weist Carlo Guelfi als Don Carlo di Vargas auf. Dunkel und sehr flexibel singt Julia Gertseva die Preziosilla. Prächtig klingt Roberto Scandiuzzi als Pater Guardiano.

Wie gewohnt sehr souverän und „selbstverständlich“ dirigiert Zubin Metha das Orchestra di Maggio Musicale Fiorentino, bei dem viel Feinsinniges hörbar wird.

Über die Kameraführung gibt es nichts zu mäkeln, über den Ton hingegen schon, der das Orchester manchmal wie abgeschnitten und klein klingen lässt.

Tadellos und recht homogen hört man den Chor auf allen drei Aufnahmen.

Begeistert jubelt das Publikum und spendet in allen drei Fällen viel Applaus.

Informativ, was die Informationen über die jeweiligen Opern betrifft, sind die Begleithefte.

Helmut Christian Mayer