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 DVD-Besprechung

Uetam

5.4.2014

 

 

Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Kamera

Ton

Chat-Faktor


Cover

 

 

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Uetam – eine mallorquinische Erinnerung

Straßenpassanten in Deutschland, nach Namen wie Berger, Tauber oder Sack befragt, kämen wohl schwer darauf, dass es sich um die Namen berühmter Sängerinnen und Sänger handeln könnte, - es ginge ihnen ähnlich wie vielen Mallorquinern bei der Frage: Wer ist, was ist Uetam? Erst ein älterer Herr kennt die richtige Antwort: Uetam war als Bassist der berühmteste Opernsänger, den die Insel Mallorca bisher hervorgebracht hat, sein bürgerlicher Name: Fransisco Mateu. Umgedreht wird daraus „Uetam“. Der Sänger lebte von 1847 bis 1913.

Noch vor den ersten Tonaufzeichnungsmaschinen beginnt Uetam seine Sängerkarriere auf Mallorca, findet in Palma de Mallorca ein blühendes Musikleben und erobert sich nach seiner Sängerausbildung bald bedeutende Opernbühnen der damaligen Zeit von Madrid über Sevilla bis St. Petersburg. Über ihn hat Stephan Winkler, Regisseur, Produzent und Verleiher 2007 einen Film vorgelegt, den wfilm ein wenig irreführend unter dem Titel Uetam – Die Wiedergeburt einer Legende als Dokumentarfilm auf DVD heraus gebracht hat.

Der Film erzählt von den wichtigsten Stationen der Biographie Uetams und berichtet ausführlich über die Geschichte des Hauses der Familie in Mallorca, dokumentiert seinen Verfall und die aufwändige Restauration und schließlich seine Wiedereröffnung als das Kultur- und Wissenschaftszentrum Ca’n Uetam. Den Leitfaden spinnt ein Urenkel von Uetam, der den Betrachter durch die Geschichte der Familie und vor allem durch die Architekturgeschichte ihrer verschiedenen Domizile führt. Das ist gelegentlich durchaus interessant, wirkt häufig aber auch herbeigeholt, wenn etwa der Architekt die „Bedeutung der ältesten Säule des Hauses“ oder die „Freilegung eines gotischen Bogens“ in einem alten Mauerwerk detailreich erläutert. Das sind kaum biographische Entdeckungen, sie tragen wenig zur Verlebendigung der Musik von Uetam bei.

Leider liegen von Uetam kaum Tondokumente vor, da es aus der Sängerzeit von Fransisco Mateu noch keine Tonaufzeichnungen gibt, geben kann. So muss sich der „Dokumentarfilm“ mit Einspielungen anderer Sänger begnügen. Es ist im Prinzip nichts dagegen einzuwenden, wenn sich wfilm damit behilft, aus bekannten romantischen Opern von Bellini, Rossini, Auber und Donizetti beliebte Arien einzuspielen, die dem biographischen Leitfaden durchaus entsprechen – auch wenn sie freilich mit Uetam nichts zu tun haben. Dass diese Neueinspielungen im Text nicht entsprechend angekündigt und mit Namen und Orchester benannt werden, ist ein deutlicher Mangel der DVD, die ohne Begleitheft geliefert wird. Immerhin hat Winkler die wahrscheinlich einzige Originalaufnahme ausfindig gemacht, die vermutlich aus der Casa Fono Reina Madrid aus dem Jahr 1897 stammt. Auch wenn diese Aufnahme von Uetams Stimme auf der Walze eines Edisonschen Phonographenzylinders verknarzt und verrauscht klingt und nur wenig von seiner Stimme verrät, wären Angaben über Quelle, Fundort, Aufnahmeort und so weiter auch hier wünschenswert . So bleibt diese Einspielung eine weitgehend anonyme Tonwalzenrarität – schade.

Die Dokumentarfilm-DVD Uetam von 2007 bleibt ein Appetithappen für Mallorca-Liebhaber, die sich intensiver mit der Kultur-, besonders der Architekturgeschichte Mallorcas befassen möchten. Mögliche Bewunderer des bisher einzigen „bedeutenden“ Opernsängers der Insel werden enttäuscht, da auch der Dokumentarfilm keine neuen Tonquellen mit Uetam-Mitschnitten ausfindig machen konnte. Die Informationen über die Architektur der Wohngebäude der Familie mögen für Denkmalinteressierte von Interesse sein, zur Biografie von Uetam tragen sie nur wenig bei, in der Kunstgeschichte von Mallorca dürften sie ein kleiner Fleck bleiben.

Horst Dichanz