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 DVD-Besprechung

La Traviata

11. September 2015

 

 

Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Kamera

Ton

Chat-Faktor


Cover

 

 

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Die Düsternis des Schicksals

2013 feierte Diana Damrau ihr Debüt als Violetta Valéry in Verdis La Traviata an der Metropolitan Opera in New York. Ein gutes Jahr später interpretiert sie die Rolle in einer Neuinszenierung von Benoît Jacquot an der Opéra Bastille. Das französische Fernsehen hat diese Inszenierung aufgezeichnet. Jetzt erscheint sie bei Erato als DVD.

Der Film folgt anderen Gesetzen als die Oper. Vor allem, wenn man so wenig von Oper zu kennen scheint wie Filmregisseur Jacquot. Bühnenbildner Sylvain Chauvelot und Kostümdesigner Christian Gasc ordnen die Handlung im Fin de Siècle, also zur Entstehungszeit der Oper, ein. Das ist plüschig, nicht neu, aber legitim. Dass Choreograf Philippe Giraudeau im Zigeunertanz die Männer in Frauenkleidern vice versa tanzen lässt, vermag ihm als lustiger Einfall erschienen sein. War es im Barock sicher auch. Jacquot aber lässt sich schlicht nichts einfallen. Und so treten die Sängerdarsteller im Rampentheater auf, deklamieren, wie es vor 100 Jahren als schick galt. Heutzutage werden Meisterkurse abgehalten, um den jungen Sängern die Opernposen auszutreiben. Hier gibt es sie alle von jedem.

„Mein Leben soll alle Wege des Vergnügens erforschen“, deklamiert Violetta, wie auf den Bühnenbrettern festgenagelt. Da gibt es nicht allzu viele Wege zu entdecken. Sein „hitziges Gemüt“ treibt Alfredo von den Knien in den Stand. Da wallt das Blut. So viel Bewegungsarmut bietet aber zwei Vorteile. Die Sänger können ihren Körper ganz in den Dienst des Gesangs stellen, und die Kamera muss keine überhasteten Bewegungen fürchten, die schlecht einzufangen sind. Und so kommt eine uninspirierte, längst überholte Ästhetik in erster Linie der DVD zu Gute. André Diot schafft mit seinem Lichtdesign samtene Schwärze um die meist in Nahaufnahme gezeigten Sänger, die in hellem Licht erstrahlen oder deren Gesichter bei sich steigernder Dramatik auch schon mal in den Halbschatten eintauchen. So entsteht ohne Handlung durchaus Spannung im Bild. Es entsteht der Eindruck, als sei diese Inszenierung überhaupt nur für den Film gemacht, den Louise Narboni und Jacquot produziert haben.

Dem Publikum im Saal ist das egal. Es entzückt sich am Gesang. Arien- respektive Szenenapplaus belegen durchgängig hervorragende Leistungen. Diana Damrau geht so in Gesang und Koloraturen auf, dass Mimik und Gestik oft nicht ganz stimmig sind, aber darüber darf man getrost hinwegsehen. Francesco Demuro gibt einen konzertanten Alfredo, und Vater Giorgio wird von Ludovic Tézier ebenfalls lupenrein im Stillstand gesungen. Auch die übrigen Rollen sind zur vollsten Zufriedenheit gesungen. Alessandro di Stefano hat seinen Chor bestens einstudiert. Das Pariser Nationalorchester wird von Francesco Ivan Ciampa so behutsam geführt, dass die Musik nicht weiter stört.

Insgesamt eine gelungene Produktion, die vor allem die Anhänger von Diana Damrau ansprechen wird. Und so ist es ja wohl auch gedacht. Die dürfen sich allerdings nicht von der ausgesprochen dürftigen Ausstattung der DVD abschrecken lassen. Die Standard-Plastik-Box enthält ein Begleitheft, das man getrost als Zumutung bezeichnen kann. In Miniaturschrift gibt es neben den obligatorischen Angaben eine Synopsis in drei Sprachen. Mehr Information scheint nicht vonnöten. Bei den Fans von Damrau wird das wohl auch so sein.

Michael S. Zerban

Fotos: Opernnetz