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DVD-Besprechung

RIGOLETTO

11.4.2013


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Kamera
Ton

Chat-Faktor


Cover





 

 

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Nah dran

Ich möchte mal wieder eine richtige Oper sehen, so mit richtigen Kostümen und einer schönen Bühne und so“, ist unter Opernbesuchern immer mal wieder zu hören. In der Tat: „Gegenwartsbezug“ und Minimalismus sind ja heute durchaus häufig zu erleben. Ganz anders im Teatro Regio di Parma, das nicht nur Giuseppe Verdis Werk pflegt, sondern sich auch der traditionellen Opernaufführung verpflichtet fühlt. Nebenbei würde wohl auch das parmesische Publikum kaum anderes dulden. Nun muss man nicht nach Parma reisen, um in den Genuss einer solchen Aufführung kommen. Das Label C Major hat jetzt eine Aufzeichnung des Rigoletto aus dem Jahr 2008 vorgelegt. Die Aufzeichnung selbst lässt kaum Wünsche offen, ganz im Gegensatz zur DVD und ihrer Verpackung. Ein Begleitheft gibt es nicht, und die Box ist alles andere als ansehnlich. Davon darf man sich nicht abschrecken lassen, aber es ist wünschenswert, dass der Verlag mit der Gesamtausgabe der Verdi-Opern Tutto Verdi, die in Kürze erscheint, etwas liebevoller umgeht. Verdient hat mindestens die vorliegende Aufzeichnung es allemal.

Regisseur Stefano Vizioli nimmt den Zuschauer mit in die Zeit Verdis, schmeckt mit etwas Fantasie ab und lässt Bühnen- und Kostümbildner Pierluigi Samaritani die Akteure in spätbarock empfundenen Kostümen in „realistischer Szene“ bewegen. Das Fest bei Hofe spielt sich rund um einen überdimensionalen Diwan ab, bei der Entführung der Gilda wird eine Leiter an eine Mauer gelehnt und so weiter. Dass Vizioli immer mal wieder Statistinnen in transparenten Seidengewändern über die Bühne hüpfen lässt, ist ein kleiner Augenschmaus, der sich gut in das Gesamtgeschehen einfügt. Damit die Sängerdarsteller sich während des Gesangs nicht allzu viel bewegen müssen, kommt dem sie umgebenden Personal diese Aufgabe zu. So schafft Vizioli ein wunderbares Gesamtbild, das von Franco Marri in hochdramatisches Licht gesetzt und von Videoregisseur Andrea Bevilacqua und seinem Kamerateam hervorragend eingefangen wird. Auch wenn die Nahaufnahme etwas überstrapaziert wird, bringt Bevilacqua mit schnellen Schnitten und Zoomfahrten Bewegung in die Aufführung, die das Publikum im Saal so nicht erleben durfte.

Sein Debüt in dieser Aufführung gibt Tenor Francesco Demuro mit Bravour als Duca di Mantova. Strahlende Höhen, in der Mittellage gut verständlich, wird sein La Donna è mobile der Hit, den man hören möchte. Der Star des Abends gibt die Hauptrolle, wie schon so oft in seinem Leben: Leo Nucci, der Traditionalist, bewegt sich nicht gern, intoniert aber einen großartigen Rigoletto. An seiner Seite Nino Machaidze: Ihr Sopran bewegt sich mühelos mit weichem Klang durch die Emotionen der Gilda. Auch wenn es mit der Verständlichkeit mitunter hapert, spielt sie überzeugend-natürlich. Marco Spotti gibt einen bravourösen Sparafucile. Viel düsterer geht kaum. Schön, dass er auch in den Tiefen noch verständlich bleibt. Auch die übrigen Solisten glänzen in ihren Rollen und runden die Qualität der Aufführung ab. Mitunter ein wenig blass bleibt der Chor in der Einstudierung von Martino Faggiani.

Massimo Zanetti führt das Orchestra del Teatro Regio di Parma zu differenziertem Verdi-Klang, übertreibt nicht in den Tutti, arbeitet aber die Piano-Passagen kristallklar heraus. So werden die Sängerdarsteller in ihrer Wirkung unterstrichen. Die hervorragende Aufnahmequalität lässt die DVD zusätzlich zum Genuss werden.

Das Haus ist – wie bei Verdi-Premieren üblich – ausverkauft. Das Publikum, das die gelungene Atmosphäre der Aufführung mit Szenen- und Arienapplaus unterstützt, bedankt sich mit begeistertem Beifall. Für den Zuschauer am Fernseher gibt es neben diesem Erlebnis als Bonus eine Einführung und wahlweise sorgfältig gearbeitete Untertitel in verschiedenen Sprachen. Sieht man von der lieblosen Ausstattung ab, legt C Major hier eine DVD vor, die reichlich Appetit auf Tutto Verdi macht.

Michael S. Zerban

Fotos: Roberto Ricci