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 DVD-Besprechung

L'Incoronazione di Poppea

22.10.2013

 

 

Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Kamera

Ton

Chat-Faktor


Cover

 

 

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Erotische und intrigenreiche Machtspiele

Rot ist die Farbe der Liebe und Leidenschaft! Rot ist nicht nur das Bett und das darüber von oben herabschwebende, riesige Seidentuch, sondern auch das sexy transparente Kleid der Titelheldin: So präsentiert sich die Liebeszene mit Nero, bei welcher auch neckisch mit einer Krone gespielt wird, in L´incoronazione di Poppea von Claudio Monteverdi bei den Schwetzinger Festspielen 1993, die gerade eben bei Arthaus als DVD herausgekommen ist. Das alles und viel mehr sieht man auf einem spektakulären Bühnenbild: Vorne dient der obere Teil einer silbrig glänzenden Weltkugel als Spielfläche. Dahinter ein teils rot gefärbter Wolkenkranz auf einem eisernen Tor, das sich immer wieder öffnet, noch einen Raum freigibt und verschiedene Szenen ermöglicht. Die Szene stammt ebenso wie die gesamte, geschmackvolle und kluge Inszenierung von Michael Hampe, wobei beim Bühnenbild Graziano Gregori mitgewirkt hat, der für die ausgesprochen ästhetischen Kostüme allein verantwortlich zeichnet: Sehr poesievoll, sparsam aber mit vielen Details wird Monteverdis letzte Oper so gezeigt, die auch von der raffinierten Kameraführung teils mit Überblendungen ideal ins Bild gesetzt wird. Neben dem erwähnten Liebesgeflüster wirkt auch der Tod des Seneca, mit einer von an der Spitze der Weltkugel eingelassenen Badewanne, über der dann Nerone auf einer Scheibe mit römischen Herrschaftssymbolen schaukelt, sehr ergreifend. Hampe ist eine sehr durchdachte Personenführung gelungen, eine spannende Sex-and-Crime- Geschichte, die nie langweilig wirkt.

„Amor vincit omnia“ – Dass die Liebe alles besiegt, darauf sollte im Prolog zwar Amore wetten, dieser wurde jedoch seltsamerweise gestrichen. Nerone, der packend dargestellt wird von einem mit höchstem Wohlklang singenden Richard Croft, ist von seiner Liebe zu Poppea getrieben. Poppea, die von Patricia Schumann mit klangvollen Tönen und herrlichen Phrasierungen gesungen wird, ist von ihrem gesellschaftlichen Ehrgeiz animiert. An der Seite des Machtmenschen will sie um jeden Preis Kaiserin sein, sie schreckt weder vor Intrigen noch vor Mord zurück.

Neben den beiden Hauptdarstellern kann der Regisseur auch auf weitere, durchweg glänzende Singschauspieler bauen: Herausragend und intensiv singt Kathleen Kuhlmann die betrogene Ottavia. Harry Peters ist ein edler, wohlklingender Seneca. Jeffrey Gall ein Ottone mit wunderbarem Countertenor. Darla Brooks eine sehr flexible Drusilla. Köstlich komisch: Curtis Rayam als Amme Arnalta.

René Jacobs, der auch für das Arrangement und die gespielte Fassung verantwortlich zeichnet, steht am Pult des mit der historischen Aufführungspraxis vertrauten Concerto Köln, die jedoch beide leider nie ins Bild gerückt werden. Das auf die historische Aufführungspraxis spezialisierte Orchester spielt auf historischen Instrumenten mit erstaunlicher Intonationssicherheit, Verve, mitreißender Vitalität, was auch vom tadellosen Ton ideal eingefangen wird.

Das Publikum tritt nicht in Erscheinung. Ein Applaus ist nie hörbar. Im schön gestalteten Booklet werden der Komponist wie auch die Hintergründe und Entstehung der Oper sehr informativ und ausführlich beleuchtet.

Helmut Christian Mayer