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 DVD-Besprechung

Die Perlenfischer

1.1.2015

 

 

Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Kamera

Ton

Chat-Faktor


Cover

 

 

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Phantastisches aus dem Fernen Osten

Obwohl von musikkundigen Zeitgenossen wie Charles Gounod und Jacques Offenbach früh als besonderes Talent erkannt und gefördert, hat Georges Bizet die großen Erfolge seiner Kompositionen nicht mehr selbst erlebt. Seine erste Oper Le Docteur Miracle von 1857, die bekanntere Die Perlenfischer von 1863 und schließlich 1875 sein Meisterwerk Carmen wurden erst nach seinem frühen Tod 1875 bekannt und populär, Carmen gar zu der am meisten gespielten Oper überhaupt.

In Die Perlenfischer folgt Bizet dem Zeittrend zum Exotischen und entführt die Zuschauer erzählerisch und musikalisch in ein imaginäres Land des fernen Ostens, vielleicht nach Indien oder Sri Lanka. Die Inszenierung von Fabio Sparvoli am Teatro di San Carlo Neapel folgt dieser Idee und präsentiert eine weitgehend historisierende Aufführung. Für die Kostüme verwendet Alessandra Torella östliche Phantasiekreationen mit vielen Turbanen und Umhängen, Vinicio Cheli sorgt mit einer kargen Bühne und einem durchgängig kalt-blauen Licht für eine kühle Atmosphäre, die der Phantasie viel Spielraum lässt.

Die Balleteinlagen rufen für westliche Betrachter Erinnerungen an fernöstliche Tempeltänze und -rituale hervor – eine insgesamt entrückte, phantastisch-fremde Welt mit ebenso phantastischen Figuren. Dem entspricht die erzählte Geschichte, in der Nadir, ein Jäger, und Zurga, Anführer der Perlenfischer, um die Gunst von Leila buhlen, die aber eigentlich als Hohepriesterin dem Hindugott Brahma zugeeignet ist.

Die Emotionen, Eifersüchteleien und Freundschaften dieser Figuren muten ebenso fremd an wie das Bühnenambiente. Sparvolis Inszenierung betont die exotischen Züge der Geschichte, die er im Wesentlichen durch die Sänger in ihren Arien erzählen lässt – die Handlung entwickelt sich in gesungenen Geschichten weiter. Konsequent hält Gabriele Ferro Orchester und Chor des Theaters San Carlo zurück, Sängerin und Sänger stehen im Vordergrund.

Hier überzeugt Patrizia Ciofi mit ausdrucksstarkem, lyrischem Sopran in der Rolle der Leila, ihr gelingt eine oft seltsam jenseitige Färbung der rätselhaften Figur. Der inzwischen international gefragte Tenor Dmitry Korchak als Jäger Nadir braucht einige Zeit, um seiner Stimme einen gewissen Glanz zu verleihen und die musikalisch schönen Arien emotional auszuloten. Dario Solaris kräftiger Bariton passt hervorragend zur Rolle und Figur des Anführers der Perlenfischer, der mal als Freund, mal als Widersacher Nadirs auftritt. Die Rolle des Hohepriesters Nourabad ist mit dem stimmkräftigen Bass Roberto Tagliavini bestens besetzt.

Das weitgehend zurück gehaltene Orchester zeichnet in melodiösen Bögen die wechselnden Stimmungen des Geschehens und setzt nur sparsam einige weiche, dramatische Akzente. Die Bühne gehört den Stimmen der Sängerinnen und Sängern, denen zuzuhören für Romantikliebhaber ein Genuss ist. Besonders beeindruckend gelingen bis zum feurigen Schlussbild die Duette und Terzette der Hauptprotagonisten.

Horst Dichanz

Fotos: Francesco Squeglia