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DVD-Besprechung

Les Misérables

26.6.2013


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Kamera
Ton

Chat-Faktor


Cover





 

 

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Bittersüße Düsternis

Die Geschichte der Elenden ist eine Erfolgsstory. 1862 stellte Victor Hugo seinen Roman Les Misérables fertig, seit dem 17. September 1980 feiert das Musical des Musikers Claude-Michel Schönberg und des Librettisten Alain Boublil Erfolg auf Erfol, und seit 2012 begeistert die britische Verfilmung in der Regie von Tom Hooper das Publikum weltweit. Jetzt bringt Universal Pictures die DVD-Fassung auf den Markt. Der Stoff bietet aber auch alles, was die Herzen des Publikums höher schlagen lässt: Liebe, soziale Ungerechtigkeit, große Politik, Verwicklungen und ein bisschen Hoffnung auf eine bessere Welt.

Hooper präsentiert uns das in düsteren Bildern. Selten eine Szene, über der nicht ein Grauschleier liegt. Aber es gibt bei dem Thema ja auch nichts zu lachen. Jean Valjean verbüßt eine 19-jährige Haftstrafe wegen des Diebstahls eines Stücks Brot für seine Familie und einige Fluchtversuche. Anschließend kann er sich zum Fabrikbesitzer und Bürgermeister von Montreuil hocharbeiten. Hugh Jackman spielt einen asketischen Saubermann, der, vom Schicksal gebeutelt, versucht, den Menschen, denen es schlecht geht, zu helfen. Widersacher ist Inspektor Jarvert, gottesfern und pflichtversessen, herrlich düster dargestellt von Russell Crowe. Als er auf die Gnade Valjeans angewiesen ist, zerbricht er am Konflikt zwischen Diensttreue und Glauben. „Weiß er, dass er mir das Leben schenkte, doch mich damit vernichtet hat?“ Er stürzt sich in die Seine. Fantine muss ihre uneheliche Tochter Cosette bei der gaunerischen Wirtsfamilie Thénardier unterbringen und für Kost und Logis bitter bezahlen. Es wird kolportiert, dass Anne Hathaway für ihre Rolle zwölfeinhalb Kilo abnahm – und so sieht sie auch aus. Für diese Rolle heimste die Schauspielerin einen Oscar ein. Überhaupt lässt der Film schauspielerisch keine Wünsche offen. Auch die üppige, historische Ausstattung macht das Auge mehr als satt.

Weniger begeisternd sind Ton und Musik. Man muss die Lautstärke am Fernseher vulgo Heimkino schon ziemlich weit aufdrehen, um den Sound hörbar werden zu lassen. Musikalisch gibt es wenig Höhepunkte wie das Thema Look down, das das Wortspiel aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Sehr schön auch das Terzett von Amanda Seyfried als Cosette, Samantha Barks als Éponine und Eddie Redmayne als Marius Pontmercy. Ein wenig revolutionäre Stimmung kommt auf, wenn der Chor in One day more auf die Barrikaden ruft. Ansonsten überwiegt rezitativähnlicher Singsang, der die Schauspieler, die die Lieder am Drehort eingesungen haben, nicht überfordert, auf Dauer aber den Hörer etwas ermüdet. Etwas irritierend, dass der englische Gesang von deutschen Synchronstimmen in den wenigen Dialogen unterbrochen wird und der Untertitel weiterläuft. Das ist gewöhnungsbedürftig, tut aber nicht weh.

Untertitel werden für zahlreiche Sprachen angeboten. Ansonsten bleibt die Ausstattung der DVD eher mager. Bonus-Material etwa zu den Dreharbeiten oder ein Gespräch mit dem Regisseur sucht man vergebens. Und so darf man sich ganz auf das hoffnungsvolle Ende des Films freuen. Jean Valjean wird von Fantine zu Gott geholt, während Marius erkennt: „Cosette, Dein Vater ist ein Heiliger!“ Vielmehr aber steht er für das Grauen der alten Zeit, das nun zu Ende geht. Die Liebe siegt. Cosette und Marius gehen in eine gemeinsame Zukunft. Eine Zukunft, die die Barrikadenkämpfer rosig sehen, wenn sie eingängig die Melodie für eine bessere Zukunft anstimmen. Und so stimmt der Film endlich versöhnlich, auch wenn die Geschichte zeigt, dass historisch vor allem eines bis heute geblieben ist: Eine Hoffnung, die sich nicht erfüllt.

Wer Hollywood-Kino und Musical liebt, wird sich diese DVD nicht entgehen lassen.

Michael S. Zerban

Fotos: Universal