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 DVD-Besprechung

Maria Stuarda

1.7.2014

 

 

Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Kamera

Ton

Chat-Faktor


Cover

 

 

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Belcanto-Glanz im finsteren England

Die Live-Übertragungen ins Kino aus der Metropolitan Opera in New York eignen sich hervorragend als Grundmaterial für DVD-Veröffentlichungen. Denn neben der sehr guten Sängerbesetzung und den zumeist traditionell-liebevollen Inszenierungen bekommt man gleichzeitig auch Backstage-Material, da für die Kinobesucher ein Pausenprogramm geboten wird. So kann man auf der bei Erato veröffentlichten DVD von Maria Stuarda die Sängerin Deborah Voigt als Moderatorin erleben, die sich ganz locker im typisch übertrieben charmant-amerikanischen Stil mit ihren Kollegen unterhält. Allerdings darf das keine Entschuldigung sein für das lieblose Booklet in lediglich englischer und französischer Sprache. Die Kameraführung der Met ist wie üblich etwas Gesichter bezogen, fängt aber durch die vielen Blickwinkel die Bühne sehr gut ein.

Der Aufnahmeregie wird es nicht unbedingt einfacher gemacht durch die überwiegend diffuse Beleuchtung von Jennifer Tipton, die vor allem im zweiten Akt schwarzen Kostüme, die sich nicht sonderlich abheben von dem dunklen Bühnenbild. John Macfarlanes schön-historische Kostüme fallen jedenfalls etwas opulenter aus als sein langweiliges Bühnenbild. Vielleicht ist dieser Verweis auf die finstere Geschichte Englands eine der Hauptaussagen von David McVikars Inszenierung. Doch das bringen etliche TV-Dokus und -Serien besser zur Geltung als seine letztendlich harmlose Umsetzung. Sicherlich ist das handwerklich nicht schlecht gemacht, zumal McVikar den Sängern nicht unnötig das Leben schwer macht. Da jede Figur einen gewissen Typus Mensch verkörpern muss, kann man die Handlung sehr einfach verfolgen, aber es wirkt stellenweise schon arg plakativ, wie Elisabeth als Klischee eines Bauerntrampels über die Bühne bollert, während Maria Stuarda das heilige Unschuldslamm repräsentiert. Insgesamt hat man sowohl an der Met als auch von David McVikar schon interessantere und differenziertere traditionelle Arbeiten gesehen.

Doch auf dem DVD-Markt kann Maria Stuarda durchaus noch Konkurrenz vertragen, und schon allein dadurch hat diese Interpretation durchaus ihre Daseinsberechtigung, die zudem noch musikalisch untermauert wird. Denn die Metropolitan Opera betreibt recht erfolgreich die Belcanto-Pflege an ihrem Haus und hat mit Maurizio Bennini einen versierten Dirigenten verpflichtet, der Donizettis Musik mit schöner italienischer Leichtigkeit fließen lässt. Sicher hätte er dem stilsicher aufspielenden Orchester der Met noch mehr Variabilität und Differenzierungen zutrauen dürfen. Der von Donald Palumbo einstudierte Chor ist im ersten Akt zwar stimmlich präsent, wirkt aber noch etwas arbeitsmüde. Bis zur bewegenden Kerkerszene des dritten Aktes steigert er sich dann zu emotionaler Größe. Das Ensemble bringt mit strahlendem Gesang Licht ins dunkle Geschehen: Matthew Rose spiegelt die väterlich-fürsorglichen Gefühle für Maria Stuarda in seinem Bass wider. Joshua Hopkins ist der gefährlich-intrigante Bürokrat Lord Cecil. Matthew Polenzani geht den Robert Leicester mit leidenschaftlicher Männlichkeit an, was seine Position zwischen den beiden verliebten Königinnen glaubhaft macht. Da die Maria Stuarda mit dem Mezzosopran von Joyce DiDonato besetzt ist, musste ihre Gegenspielerin Elisabeth I. von einem Sopran gesungen werden. Elza von den Heever nutzt die Gelegenheit zu einer intensiven Darstellung der innerlich so unsicheren Königin, die nach außen hin als gefürchtete Monarchin auftritt. Ein paar Höhen wirken schon etwas angespannt, aber das hat sie auch mit Joyce DiDonato gemeinsam, die in der dramatisch angehauchten Partie auch nicht ohne Schärfen singt. Aber wie DiDonato ihr Herz quasi in der Kehle trägt und zudem noch so kontrolliert mit Koloraturen und Legato-Phrasen aufwartet, macht diese Interpretation zu einem Ereignis, das vom Publikum in New York zu Recht bejubelt wird. Auch die anderen Künstler dürfen sich über großen, lauten Beifall freuen.

Christoph Broermann

Fotos: Erato