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 DVD-Besprechung

Madama Butterfly

23.9.2014

 

 

Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Kamera

Ton

Chat-Faktor


Cover

 

 

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Starke Emotionen auf der Wendeltreppe

Am ganzen Körper zitternd, vor- und zurückwippend, in einem völlig aufgelösten Ausnahmezustand ist Cio-Cio-San vor ihrem Selbstmord. Maßlos trinkt sie Whiskey und breitet vor sich den Dolch ihres Vaters aus: Enorme Emotionen weiß Alexia Voulgaridou in dieser Rolle auszuspielen, die niemanden kalt lassen. Leider wird bei dieser Schlüsselszene aus Giacomo Puccinis Madama Butterfly von der Regie auf das ergreifendste Element verzichtet: Ein Kind kommt nicht vor. Dieses wird während der gesamten Geschichte von einer Puppe ersetzt. Und wenn sich die Titelheldin im Hintergrund unsichtbar getötet hat, fällt der Puppe der Kopf herunter.

Es war bereits im November 2012, als diese erfolgreiche Produktion der Hamburger Staatsoper live aufgezeichnet wurde und jetzt kürzlich als DVD bei Arthaus Musik herausgekommen ist. Vincent Boussard hat diese tränenreiche Story sehr reduziert wie ein Kammerspiel, aber trotzdem gefühlsmäßig stark aufwühlend in Szene gesetzt. So erlebt man neben den tiefen Gefühlen der Protagonisten eine sensible und klare Personenführung, immer punktgenau mit Musik und Text. Zentrales Element in dieser Produktion vor einem weißen Einheitsraum, der nur fallweise durch riesige, blumige Ornamente geschmückt ist, ist eine Wendeltreppe, über die die meisten Auftritte und Abgänge absolviert werden. Das durchaus einnehmende Bühnenbild stammt von Vincent Lemaire. Ausgesprochen geschmackvoll und ästhetisch erweisen sich auch die fantasievollen und farbenfrohen Kostüme, die kein Geringerer als der berühmte Modeschöpfer Christian Lacroix kreiert hat.

Vorweg sei angemerkt, dass alle Protagonisten sehr gut spielen. Alexia Voulgaridou vermag dabei die gesamte Gefühlspalette der unglücklichen Geisha Cio-Cio-San ihre Naivität, Freude und Verzweiflung berührend auch mit sprechender Mimik zu vermitteln. Ihr durchschlagskräftiger Sopran verströmt große mädchenhafte Innigkeit, und sie spielt entzückend. Teodor Ilincai ist ein ausgesprochen fescher Pinkerton, der den mit Gefühlen leichtfertig spielenden amerikanischen Offizier mit schön gefärbtem und schmelzigen Tenor und müheloser Höhe singt. Lauri Vasar ist ein kerniger Konsul Sharpless. Suzuki ist die kraftvolle Cristina Damian. Von den kleineren, durchweg gut besetzten Partien fällt Jongmin Park als stimmgewaltiger Onkel Bonzo auf. Jürgen Sacher ist ein ziemlich stark tremolierender Goro. Viktor Rud ein solider Prinz Yamadori. Der Chor des Hauses, der von Christian Günther einstudiert wurde, gefällt durch seine reichen Nuancen.

Die Hamburger Philharmoniker unter Alexander Joel, von dem auch von der Kamera immer wieder seine dirigierenden Hände in Großaufnahme eingefangen werden, musizieren delikat, flirrend, teils saftig, immer leidenschaftlich und vermögen auch große Gefühle und Leidenschaften zu verströmen, so dass das Publikum zum Schluss mit Ovationen reagiert.

Das Booklet liefert dank eines Interviews mit dem Regisseur viel an Hintergrundinformationen. Die Kameras, die von Myriam Hoyer dirigiert werden, liefern viele packende Nahaufnahmen und sind immer am Brennpunkt des Geschehens. Auch am klaren und brillanten Ton gibt es nichts herumzumäkeln.

Helmut Christian Mayer

Fotos: Bernd Uhlig