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 DVD-Besprechung

Luisa Miller

14.1.2014

 

 

Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Kamera

Ton

Chat-Faktor


Cover

 

 

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Verdi in Schweden

Die DVD bringt den neugierigen Zuschauer in Opernhäuser, die man vielleicht sonst nie so wahrgenommen hätte. Zum Beispiel nach Malmö in Schweden. Das 1944 eingeweihte Opernhaus, das zu den größten in Skandinavien gehört, bietet ungefähr 1500 Zuschauern Platz und steht unter Denkmalschutz. Leider wird auf der DVD ebenso wenig die Chance genutzt, das Opernhaus genauer vorzustellen, wie auch die Akteure der Aufführung zu Wort kommen zu lassen. Aber immerhin ist die Aufführung, die 2012 aufgezeichnet wurde, ein sehr gutes Aushängeschild für die Oper Malmö und wird somit völlig zu Recht vom Label Arthaus veröffentlicht.

Verdis Luisa Miller fristet im Schatten von Rigoletto und Co. ein bisschen zu Unrecht ein zweitrangiges Dasein – trotz starker Zunahme der Interpretationen in den letzten Jahren. An der Oper Malmö wird nun vorgemacht, wie einfach es gehen kann, den dramatischen Aufbau des Werkes wirkungsvoll auf der Bühne umzusetzen. Die schlichte, bürgerliche Welt des Mädchens Luisa siedeln Regisseur Stefano Vizioli und Bühnenbildner Cristian Taraborrelli auf grüner Aue an, wo ihre Freunde ein Picknick machen und der Geburtstagskuchen serviert wird. Ein bisschen heile Welt wird also angetäuscht, wenn da nicht der nachdenkliche Vater wäre, dem die Liaison seiner Tochter mit dem Grafensohn Rodolfo im Magen liegt. Auch die beiden großen, steinernen Hände, die links und rechts die Wiese festhalten, deuten auf ein unbarmherziges Schicksal hin. Tatsächlich reißt schon kurze Zeit später die Fläche ein kleines Stück auf, und durch einen felsigen Spalt betritt der Intrigant Wurm die Bühne. Von nun an wird es auf der Bühne zunehmend kälter. Das Leben des Adels findet in grauer Umgebung und höfischer Steifheit statt. Die Kostüme von Anna Maria Heinrich sind für jeden Stand und Rang sehr gut ausgefallen. Eine deutliche Sprache spricht die kleine Kammer der Luisa im letzten Bild, die von der steinernen Hand wie eine Blechbüchse eingedrückt wird. Wie das symbolische Bühnenbild weiß auch die Personenführung von Vizioli zu gefallen. Sehr klassisch, aber auch schön lebendig fällt die Interpretation aus, so dass die Handlung für den Zuschauer glaubwürdig und bewegend ausfällt.

Dazu kann Vizioli auf eine Titelheldin setzen, die nicht nur das Mädchen Luisa authentisch spielt, sondern dazu noch großartig singt. Olesya Golovneva ist dank ihrer Auftritte an der Deutschen Oper am Rhein keine Unbekannte in Deutschland und ist auch im hohen Norden mit ihrem charmanten Auftreten schlichtweg entwaffnend. Das rettet sie auf der Bühne natürlich nicht vor dem Tod, doch auch das ist etwas Schönes, wenn man es denn so singen kann wie die Golovneva. Zu ihr passend ist auch der Rodolfo mit Luc Robert gewählt. Im Spiel wirkt er nicht ganz so versiert wie die Golovneva, aber er steht ihr mit sehr angenehmer Stimme als adäquater Liebhaber zur Seite, der die Partie besonders im lyrischen Bereich mehr als nur achtbar bewältigt. Sehr hohes Niveau erlebt man auch bei Vladislav Sulimsky, der Luisas Vater mit einem schönen, technisch sicheren Bariton verkörpert. Sein Gefühl für die Musik, seine emotionale Ausarbeitung machen die Sorge des Vaters um seine Tochter greifbar. Nicht nur durch die große Gestalt – auch stimmlich ist Lars Arvidson ein schön-schmieriger Wurm. Da auch Taras Shtonda als grummelnder Graf Walter und Ivonne Fuchs als Frederica zu gefallen wissen, ebenso wie die Laura von Emma Lyrén, kann man sich über eine durchweg geschlossene Ensembleleistung freuen. Der schließt sich auch der ganz souverän auftretende Chor der Oper Malmö an, den Elisabeth Boström sehr genau vorbereitet hat.

Musikalisch endgültig abgerundet wird die Aufführung durch das Orchester der Oper Malmö unter der Leitung von Michael Güttler. Eine ganz nahe Kameraeinstellung erfasst den jungen, ambitionierten Dirigenten kurz vor dem Auftakt zur Ouvertüre. Sein entschlossener, vor Elan sprühender Blick ist jede Minute in der Interpretation des Orchesters spürbar. Dynamisch und rhythmisch schön ausgefeilt, begleiten die Musiker die Aufführung sehr sicher und schwungvoll. Dieses Ergebnis kann sich – auch dank eines sehr klaren Aufnahmetons – hören lassen. Sehenswert ist die DVD trotz fehlender Extras dank Aufnahmeleiter Dirk Simon, der für eine abwechslungsreiche Kameraführung sorgt. Da darf man schon während der Ouvertüre hinter den Vorhang blicken und sehen, wie sich der einsatzbereite Chor zu den Achtelkaskaden amüsiert warm tanzt. Rundum eine schöne Veröffentlichung, also auf nach Malmö!

Christoph Broermann

Fotos: Malin Arnesson