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DVD-Besprechung

Das Labyrinth

8.4.2013


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Kamera
Ton

Chat-Faktor


Cover





 

 

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Die Papageno-Flut

Emanuel Schikaneder wäre nicht er selbst gewesen, hätte er den Erfolg der Zauberflöte nicht zusätzlich zu vermarkten versucht. Also schrieb er flugs der Zauberflöte zweyther Theil und nannte den Das Labyrinth oder Der Kampf mit den Elementen, eine „große heroisch-komische Oper in zwei Akten“. Der Schauspieler, Sänger, Regisseur, Dichter und Theaterdirektor Schikaneder verfasste seine Werke nicht, um der großen Kunst zu huldigen, sondern um sein Theater voll zu bekommen. Und so entstand als Sequel der Zauberflöte etwas, das man heute wohl als Actionkomödie bezeichnen würde. 14 Szenenwandlungen, große Chöre, eine flutartige Vermehrung der Papageni sind die Folgen, die der Handlung nicht nur logische Stränge abgewinnen können. Dazu komponierte Peter von Winter eine Musik, die zwar Mozart – um es vorsichtig auszudrücken – heftig zitiert, aber letztlich doch nicht an das Original heranreicht.

So nimmt es kaum Wunder, dass die Oper mit der Zeit in den Schubladen der Archive verschwand. Nach drei stark gekürzten Wiederaufführungen in Kiel, München und Chemnitz unternahmen im vergangenen Jahr die Salzburger Festspiele einen neuen Anlauf, das Stück in einer musikalisch kaum gekürzten Fassung im Residenzhof auf die Bühne zu bringen. Lediglich die gesprochenen Dialoge mussten aus Zeitgründen stark gestrichen werden. Die Herausforderung für Regisseurin Alexandra Liedtke und Bühnenbildner Raimund Orfeo Voigt liegt darin, dass es im Residenzhof weder Schnürboden noch Senke gibt. Stattdessen findet eine solche Aufführung quasi unter freiem Himmel statt. Liedtke entscheidet sich, die Bühne auf einen Wanderzirkus – als „Reminiszenz“ an Schikaneders Wanderjahre – und zwei überdimensionale, verschiebbare Lichtwände zu reduzieren. Susanne Bisovsky und Elisabeth Binder-Neururer stecken die Darsteller in rollengerechte Fantasie-Kostüme, unter denen insbesondere die der Papageni mit ihrer Farbenfreude hervorstechen. Philipp Haupt gelingt es, mit seinem Licht trotz schwieriger Bedingungen die Farben der Kostüme zum Leuchten zu bringen und die Bühne stimmungsvoll auszuleuchten.

Um die neuerlichen Liebesprüfungen des Labyrinths, die an die Geschichte der Zauberflöte bedingt anknüpfen, schwungvoll auf die Bühne zu bringen, bedarf es lebhaftester Spielfreude. Und damit kann das Ensemble dienen. Die Aufzeichnung dieser Aufführung ist jetzt bei Arthaus als Doppel-DVD erschienen. Videoregisseur Nyika Jancsó und seinem Team gelingt es mit aufwändigem Equipment – allein sieben Kameras kommen zum Einsatz – nicht nur die Spielfreude auf die Mattscheibe zu projizieren, sondern auch einen fast durchgängig hervorragenden Ton zu konservieren. Zwar werden die Schnittfolgen mitunter recht turbulent, und längst nicht jede Nahaufnahme ist zwingend notwendig, aber letztlich bekommt der Zuschauer ein verständliches Bild übermittelt. Schöne Bilder gibt es in dieser Aufführung reichlich und satt. Ähnlich verhält es sich mit den Stimmen. Das prall mit Solisten besetzte Ensemble verzeichnet keine Ausfälle. Bei den Damen sind es vor allem Julia Novikova als Königin der Nacht, Regula Mühlemann als Papagena und Malin Hartelius als Pamina, deren Stimmen begeistern. Bei den Herren gefallen insbesondere Thomas Tatzl als Papageno, Christof Fischesser als Sarastro und Michael Schade in der Rolle des Tamino. Alois Glaßner hat einen wunderbaren Salzburger Bachchor, Wolfgang Götz den hochengagierten Theater-Kinderchor einstudiert.

Das Mozarteumorchester Salzburg lässt sich von Ivor Bolton zu einem transparenten, hellen Klang verleiten, der die Spielfreude des Ensembles unterstreicht.

Eine solche Leistung wird vom Publikum mit Arien- und Szenenapplaus bedankt, ehe es vor allem Sängerdarstellerinnen und -darsteller zum Ende der Aufführung mit rauschendem Beifall überschüttet.

Gewiss, das Werk gehört nicht zum Anspruchsvollsten, was die Opernliteratur zu bieten hat. Aber was Alexandra Liedtke, Ivor Bolton und ihre Mannen daraus entwickelt haben, ist auch als DVD wirklich sehens- und hörenswert.

Michael S. Zerban

Fotos: Hans Jörg Michel