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 DVD-Besprechung

La Wally

14.11.2014

 

 

Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Kamera

Ton

Chat-Faktor


Cover

 

 

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Starke Gefühle im tödlichen Eis

Mit einem Lächeln auf den Lippen und weit ausgebreiteten Armen fällt die Titelheldin in einer Videoeinspielung zwischen Nebelfetzen ins Bodenlose, bevor sie real tot am Boden liegend von ihrem jungen Freund Walter gefunden wird: Mit ihrem Freitod endet und beginnt La Wally von Alfredo Catalani am Tiroler Landestheater. Obwohl die Hauptfigur in Tirol eine Legende ist, fand diese Opernrarität, deren Uraufführung 1892 in Mailand stattfand, erst jetzt erstmalig auf die Innsbrucker Bühne. Deshalb wählte Johannes Reitmeier dieses selten aufgeführte Musikdrama als Eröffnungspremiere seiner neuen Intendanz im Herbst 2012 und führt auch gleich Regie, das auf dem mehrfach verfilmten Bestseller-Roman Die Geierwally von Wilhelmine von Hillern basiert. Das Libretto selbst stammt von Luigi Illica und spielt um 1800 im Ötztal und den umliegenden Bergen. Jetzt erschien die dazugehörige DVD von Capriccio, aufgenommen Anfang 2013 in Kooperation mit dem ORF Tirol.

Und es ist immer wieder faszinierend, wenn man sich eine selbst live gesehene Produktion Jahre später wieder auf DVD ansehen kann. In einer stilisierten, eisblauen Gletscherlandschaft mit schroffen, klaustrophobisch bedrohlichen Wänden und fallweise mit einer alles überspannenden Holzbrücke, das Bühnenbild stammt von Thomas Dörfler, und mittels Projektionen vermag Reitmeier in seiner konventionellen Inszenierung viel an kalten Emotionen wie auch spannungsgeladenen Momenten zu erzeugen. Das Psychodrama über die ausgestoßene Außenseiterin erzählt er immer klar, librettokonform und musikalisch punktgenau. Die eine oder andere Szene könnte man sich vielleicht noch packender vorstellen. Der Neo-Intendant bedient sich reichlich an tirolerischen Klischees, indem er alle mit wunderschönen Trachten, die Kostüme hat Michael D. Zimmermann kreiert, ausstaffieren lässt. Und so wirken die Jäger gar wie Tiroler Schützen aus Andreas Hofers Zeiten. Auch lässt er immer wieder Perchten als Unglücksboten auftauchen.

Mit einer der schönsten Arien, Ebben, n’andró lontano, einer der wenigen Ohrwürmer, nimmt Wally am Ende des ersten Aktes ihren Abschied in die Berge. Sie wird von Susanna von der Burg überragend gesungen, die auch sonst mit großer Innigkeit aber auch leidenschaftlicher, durchschlagskräftiger Dramatik und nur teilweise zu tremoloreich, punkten kann. Ihren uneinsichtigen, bösen Vater Stromminger, der ihr ihre große Liebe verweigert, singt Marc Kugel mit etwas knorrigem Bass. Wunderbar weich und höhensicher klingt der Tenor von Paulo Ferreira als Giuseppe Hagenbach, von dem man sich etwas mehr Substanz und Draufgängertum gewünscht hätte. Seinem Gegenspieler um die Gunst der Liebe zu Wally, Vincenzo Gellner, verleiht Bernd Valentin mit seinem kernigen Bariton großes Profil. Fein dosiert hört man Susanne Langbein als Walter, solide singen Kristina Cosumano die Afra, Johannes Wimmer den Soldaten und der hauseigene Chor und Extrachor, der von Michel Roberge ausgewogen und präzise einstudiert wurde.

Catalanis süffige Musik mit differenzierter Harmonik und bewusster Distanz zum Verismo erklingt beim Tiroler Symphonieorchester Innsbruck unter Alexander Rumpf feinsinnig, farbenreich, spannungsgeladen und reich an expressiven Ausbrüchen.

Seitens eines uneingeschränkt begeisterten Publikums gibt es zum Finale reichliche Ovationen für alle Beteiligten!

Das Booklet liefert reichlich Hintergrundinformationen zum Werk, aber auch ausführliche Biographien zu den Künstlern. Von wem die Video-Kameras dirigiert werden, wird verschwiegen. Sie liefern viele packende Nahaufnahmen und sind immer im Zentrum des Geschehens. Klar und brillant ist ohne Einschränkung der Ton.

Helmut Christian Mayer

Fotos: Rupert Larl