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 DVD-Besprechung

Don Giovanni

7.1.2014

 

 

Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

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Ton

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Grüße aus vergangenen Zeiten

Es gab eine Zeit, da mischte die Oper Köln unter den führenden Opernhäusern Europas mit. James Conlon dirigierte am Haus, Michael Hampe war Intendant, berühmte Sänger gaben sich die Klinke in die Hand. Dass das noch längst nicht ausreicht, um den tatsächlichen Erfolg einer Aufführung zu demonstrieren, zeigt recht eindrucksvoll die Wiederauflage eines recht überflüssigen Don Giovanni beim Label Arthaus, der 1991 am Opernhaus Köln aufgezeichnet wurde. Sicherlich mag der Eindruck live vor Ort besser ausgefallen sein, als der verquollene Ton oder die recht einfallslose Kameraregie wiedergeben können. Doch zweifellos geht dieser Aufführung so ziemlich alles Magische des Don Giovanni total ab.

Dass Michael Hampes Inszenierung seinerzeit nur eine Modifizierung seiner Arbeit für die Festspiele in Salzburg von 1984 war, verschweigt das kleine Booklet gewissenhaft. Auch andernorts begrüßte man die Inszenierung von Michael Hampe sehr gerne, da sie mit wenigen Elementen ein komplettes, schnell wandelbares Bühnenbild schafft, das man auch von der breiten Bühne des Großen Festspielhauses auf das Opernhaus in Köln übertragen kann. Doch während in Salzburg noch die Opulenz glänzt und die ganz konventionelle Personenführung überzeugt, wirkt das in Köln nur noch wie ein müder Abstrich. Kleine Details machen es eben aus: In Salzburg reißt das Bühnenbild auf und gibt den Blick frei auf den Kosmos, in den Giovanni hinausgezogen wird. In Köln verzichtet man auf diese optische Einlage, und es scheint so, als müsste die TV-Regie ihr Übriges dazu tun, um einen Effekt für die Höllenfahrt beizusteuern.

Hampe weiß natürlich, wie man eine Geschichte wie die des Don Giovanni erzählt und macht das auch so, dass wirklich jeder – egal ob jung oder alt – ihr folgen kann. Dabei entstehen auch ein paar schöne Bilder, wie zum Beispiel der Mantel, den der sterbende Komtur seinem Mörder von der Schulter reißt, damit seine Tochter diesen als Schuldbeweis auf dem Fest präsentieren kann. Der Aufstand, der nun unter den Bauern gegen den Edelmann losbricht, ist ein kleiner Verweis auf die Französische Revolution. Aber auch die Kostüme von Carlo Diappi und Ulrike Zimmermann können nicht verhindern, dass die Aufführung sehr dressiert abläuft.

Ebenso wenig steuert James Conlon in seiner schlanken Interpretation das musikalische Feuer bei, das man für einen Don Giovanni erwartet. Das schön spielende Gürzenich-Orchester kennt seinen Mozart fast auswendig, doch Musik zum Mitfiebern ist etwas anderes. Ähnliches gilt auch für das Ensemble, das mit gar nicht schlechten, zuweilen sogar hochkarätigen Stimmen besetzt ist. Doch auch hier vermisst man zuweilen den endgültigen Einsatz für die Rolle: Beispielsweise schlängelt sich Kjell Magnus Sandve mit etwas körperlosem Tenor durch die Partie des Don Ottavio. Auch Matthias Hölle, der über ein tolles Bass-Material verfügt, wirkt lediglich genauso routiniert wie Reinhard Dorn als rustikaler Masetto. Passenden stimmlichen Liebreiz verströmt Andrea Rost als Zerlina. Carol Vaness ist eine ganz edle, selbstbewusste Donna Elvira, selbst wenn sie in der Höhe nicht ohne Schärfen bleibt. Carolyn James wiederum stehen alle Töne und Koloraturen der Donna Anna zur Verfügung und doch vermag sie kaum zu berühren. Thomas Allen wirkt besonders in der Tiefe etwas rauer als gewohnt – vielleicht auch einfach eine Indisposition. Selbst wenn er von seinen legendären Giovanni-Interpretationen auf dieser DVD entfernt bleibt, schüttelt so ein Sängerdarsteller immer noch ein gelungenes Portrait aus dem Ärmel. So bleibt es einzig Ferrucio Furlanetto, der auch in der erwähnten Salzburger Aufführung als Leporello glänzte, vorbehalten, ein absolut rundes Gesamtergebnis abzuliefern. Vom Geist der Aufführung in Köln ist auf der DVD nichts zu spüren geschweige denn zu sehen. Der nur kurz akustisch vorhandene Schlussapplaus suggeriert im Ansatz zufriedene Besucher in Köln, die sich im Glanz der Stars sonnen konnten. Das waren noch Zeiten…

Christoph Broermann

Fotos: Arthaus