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 DVD-Besprechung

Don Giovanni
3.8.2015

 

 

Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Kamera

Ton

Chat-Faktor


Cover

 

 

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Such den „Angle-Button“

Am Anfang ist der neue Mozart/Da Ponte-Zyklus von dem damaligen Intendanten Alexander Pereira als Wiederbegegnung zweier Bekannter geplant. Regisseur Sven-Eric Bechtolf und Dirigent Franz Welser-Möst haben bereits in Zürich so einen Zyklus realisiert. Doch Welser-Möst springt ab, weil er die Bedingungen für die Sänger kritisiert. Veteran Christoph Eschenbach wird sein Ersatz. Als erstes geht Così fan tutte über die Bühne, dann folgt 2014 Don Giovanni. Der österreichische TV-Sender ServusTV möchte mit der Liveübertragung neue Wege beschreiten und fährt eine gute Idee mit viel Brimborium gegen die Wand. Der eigentlichen Opernübertragung wird eine zweite Ebene gegeben, in dem Backstage die Kameras mitlaufen und zeigen, was hinter der Bühne passiert.

Das Label EuroArts verwendet nun genau dieses Material, um zu zeigen, in welche Richtung Opern-DVDs gehen könnten. Wenn die Technik denn auch mitspielt. Angeblich kann man zwischen den beiden Ebenen hin und her schalten. Dafür, so zeigt ein Hinweis, soll man den „Angle-Button“ benutzen. Was das ist, verrät das schmale Booklet dem unwissenden Zuschauer nicht. Dem Internet zufolge ist es ein Knopf auf der Fernbedienung eines DVD-Players, Pech wenn man also seine DVDs auf dem Computer schaut. Hier macht auch nicht jedes Programm diesen Wechsel mit. Durch probieren wird man schlau: Beim der Software des Betriebssystems findet man im Vollbildmodus die Option unter dem Stichwort „DVD-Features“, wo man zwischen Winkel 1 und Winkel 2 auswählen kann. Einfach sieht anders aus.

Zugeben, es ist eine gute Idee, die sicherlich noch weitere Möglichkeiten eröffnen wird. Da Kameraführung und Ton sehr ordentlich sind, kommt man in den Genuss einer insgesamt guten Aufführung von Mozarts unsterblichem Verführer. Bei Bechtolf ist das der Ansatz seiner recht kurzweiligen Regiearbeit, denn er macht Don Giovanni mehr zu einem Mythos, denn zu einer Person. Lebendig wird diese Figur erst dadurch, dass sich die anderen Personen auf ihn beziehen. Dass dieser Verführer nach seinem Zusammenbruch auf der Bühne bald wieder auf Frauenjagd geht, ist plausibel. Der Teufel will diesen Mann sicher nicht bei sich haben, schließlich hat er – gespielt von Bechtolf persönlich – den Don noch am Ende des ersten Aktes aus der Hand seiner Feinde befreit.

Das Ganze findet in einer großen Hotel-Lobby statt, die Rolf Glittenberg entworfen hat. Die Bar auf der rechten Seite ist noch die größte Ähnlichkeit zu der Version aus Zürich, wo sie links stand. Auf Dauer wirkt der Raum aber ermüdend, auch wenn ihn Friedrich Rom sehr atmosphärisch ausleuchten kann. Sehr stimmig sind die Kostüme von Marianne Glittenberg, die den Protagonisten ebenso gut stehen wie die Stimmen.

Allerdings ist dabei nicht zu überhören, dass sich die Sänger schwer tun, ein Ensemble zu formen. Solistisch ist das ordentlich bis sehr schön. Man hört, dass Ildebrando D’Arcangelo und Luca Pisaroni aufeinander eingespielt sind. D’Arcangelo gibt dem Giovanni temperamentvolle Leidenschaft, Pisaroni ist ein frecher, verschmitzter Leporello. Die schönste Stimme der DVD gehört Valentina Nafornita als Zerlina. Auch Anett Fritsch als Donna Elvira weiß, darstellerisch und stimmlich für sich einzunehmen. Lenneke Ruiten hat ihre besten Momente im innigen Piano, allerdings hat ihre Donna Anna ein paar Schärfen zu viel in der Höhe. Auf den Punkt singen die restlichen Männer: Bei Andrew Staples bekommt Don Ottavio endlich mal wieder etwas energisches Format. Alessio Arduini ist ein hitziger, junger Masetto und Tomas Konieczny ein machtvoller Komtur.

Über den Backstage-Bereich kann man Christoph Eschenbach beim konzentrierten Dirigieren beobachten. Allerdings kommt größtenteils nicht viel mehr als ein schöner Mozart-Klang heraus, den die Wiener Philharmoniker ja im Schlaf beherrschen. Ansonsten entsteht aus dem Orchestergraben zu wenig, um wirklich zu überzeugen. Da fehlt nicht nur ein roter Faden, sondern auch einiges an Feuer. Das Publikum bedankt sich mit freundlichem Beifall, der ebenfalls zeigt, dass hier noch etwas Luft nach oben gewesen wäre.

Christoph Broermann

 

Fotos: EuroArts