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 DVD-Besprechung

Darcey Bussell

10.1.2015

 

 

Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Kamera

Ton

Chat-Faktor


Cover

 

 

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Das Leben der Ballerina im Schnelldurchlauf

Ballettomanen ist ihr Name ein Begriff: Darcey Bussell ist ein Kind des englischen Royal Ballet. Bis zu ihrem Rücktritt von der Bühne 2007 hat sie eine brillante Karriere als erste Solistin erfahren. Bussell tanzte alle großen Rollen des klassischen Repertoires, war in den großen Ballettkompanien der Welt zu Gast: das Kirov, die Pariser Oper, das Hamburg Ballett oder das Australian Ballet zählten dazu; eine Bilderbuchkarriere, wie sie nur sehr wenigen Tänzerinnen vorbehalten ist. Umso erfreulicher ist es, wenn eine Künstlerin nicht nur ihr Handwerk versteht, sondern auch vor einer Fernsehkamera gewandt agieren kann, um ihre Kunst zu vertreten.

Die bei Opus Arte erschienene DVD Darcey Bussell: Darcey’s Ballerina Heroines; a Ballerina’s life stellt die charismatische Tänzerin in den Mittelpunkt der Produktion und lässt sie dem Zuschauer einen Einblick in die Welt der Ballerinen gewähren. Bussell entspinnt hierin etwa eine Stunde lang ein feines Geflecht von Ballettgeschichten und Geschichte. In unterhaltsam zusammengestellten Archivaufnahmen entsteht eine Collage, die einige der größten Primaballerinen des klassischen Tanzes präsentiert. Dazu zählen unter anderem Anna Pawlowa, Galina Ulanova und Margot Fonteyn. Letztere war ebenfalls seinerzeit für die BBC vor die Fernsehkamera getreten und brachte dem Zuschauer die Welt des Tanzes ins heimische Wohnzimmer. Ein bewährtes Konzept also, das zwar zeitgebunden sein mag, aber in Neuauflage immer funktionieren wird.

Bussell nimmt den Zuschauer mit in die Ballettsäle dieser Welt, besucht Ballettexperten, steht im Museum, Kostümabteilungen oder besucht eine britische Spitzenschuh-Werkstatt. Sie präsentiert historische Kostüme, wie das Schwanentütü der Pawlowa, das mit echten Federn in Flügelform genäht wurde. Oder plaudert mit Größen der russischen Balletttradition wie Altynai Asylmuratova über Balletttechniken und die landestypischen Unterschiede der Schulen. Das alles macht sie sehr souverän, und Regisseur Ross MacGibbon hat ein leichtes Spiel, Bussell in ihrer natürlichen Begeisterung für ihr Fach zu begleiten. Er nutzt eine exquisite Auswahl von Archivaufnahmen, um das Gehörte zu ergänzen. Ein wahrer Schatz an Ausschnitten aus Tanzproduktionen kommt hier zum Vorschein. Und so entsteht ein unterhaltsamer Kurzüberblick über die Welt des klassischen Tanzes. Nur schade, dass die Bildunterschriften sparsam eingesetzt wurden. So kommt es vor, dass in einem Ausschnitt eines Pas de Deux zwar die weibliche Solistin genannt wird, über die sowieso gerade gesprochen wird, ihr männlicher Gegenpart aber zu einem ungenannten Irgendwer degradiert wird.

Der zweite Teil dieser DVD ist eine halbstündige Biographie der Tänzerin, in der sie erneut selbst vor die Kamera tritt. Meilensteine ihrer Karriere werden ebenfalls mit Archivmaterial angereichert. Erfrischend ist auch hier Bussells Offenheit, mit der sie klar formuliert, wie schwer das Leben einer Tänzerin ist. Der Großteil ihrer Kolleginnen aus Ausbildungszeiten hatte nicht so viel Glück wie sie und musste andere Wege gehen. Talent und harte Arbeit alleine reichen nun mal nicht aus, um ein erfülltes Tänzerleben zu haben. Das ist zwar keine neue Erkenntnis, kann aber nicht oft genug wiederholt werden.

Denn die Faszination von Primaballerinen in rosa Tütüs, die die anmutige Prinzessin inkorporieren, fesselt jede Generation von Mädchen neu. Insofern ist diese DVD die perfekte Wahl für Ballettfans, die ihren Kinderträumen nachhängen wollen oder einen verregneten Sonntagnachmittag auf der Couch überstehen müssen: 90 Minuten lang kann man sich verzaubern lassen von den anmutigen Geschöpfen, die mit spielender Leichtigkeit auf Spitzenschuhen über die Bühne schweben. Gleichzeitig erfährt man ein paar harte Fakten über die Ballettwelt und ihre Persönlichkeiten. Einziger Haken der Produktion: Derzeit liegt sie nur in englischer Sprache vor, und das wird den sowieso kleinen Kreis der Interessenten noch zusätzlich schmälern.

Jasmina Schebesta

Fotos: Opus Arte