|
Ein Leben in Bildern
Richard Wagners Leben als Comic? Das kann doch nicht ernst gemeint sein, werden sich viele Wagner-Liebhaber kopfschüttelnd abwenden. Doch halt. Warum eigentlich nicht? „Was in Texten teils umständlich beschrieben werden muss – ohne die Gewissheit zu haben, dass im Kopf des Lesers auch wirklich ein angemessenes Bild erzeugt wird – funktioniert im Comic ganz selbstverständlich – und ist dabei nicht annähernd so aufwändig zu bewerkstelligen wie im Film“, begründet Autor Andreas Völlinger den schmalen, großformatigen Band, den er gemeinsam mit der Zeichnerin Flavia Scuderi geschaffen hat. Er lässt die Geschichte mit der Uraufführung des Rienzi in Dresden beginnen und erzählt sie aus der Sicht des Hans von Bülow oder – wo das nicht möglich ist – aus Sicht des Off-Erzählers.
Wagner in den Wirren der Revolution von 1849: Was in vielen Biografien mit einer Randbemerkung oder wenigen Sätzen erledigt ist, findet sich hier in detailfreudigen, düsteren Bildern wieder, die den gesamthistorischen Kontext beleuchten. Natürlich muss sich auch dieses Werk auf Ausschnitte aus dem Leben des Komponisten beschränken, aber die Story ist so dicht gewebt, dass ein schlüssiges Ganzes entsteht. Den Anspruch Völlingers, die Personen in den Bildern zum Leben zu erwecken, erfüllt Scuderi. Und schafft darüber hinaus starke Eindrücke, wenn sie die Figuren der Opern mit der realen Handlung verflicht. Ganz stark: Das Venedig-Bild.
Behutsam hat der Autor die Sprache an die Moderne angepasst. „Hier und da haben auch ein paar Originalzitate Wagners oder zumindest Fragmente davon in den Dialog Eingang gefunden“, erzählt Völlinger und verrät damit dem Kenner, dass er von der „Vorliebe für belehrende Monologe, pathosgetränkte Reden, (selbst-)ironischen Humor, maßlos-dramatische Übertreibungen“ verschont bleibt. Damit eignet sich die Geschichte für Leserinnen und Leser jeden Alters.
Der Knesebeck-Verlag hat dem Comic eine hohe Wertigkeit verliehen. Kartonierter Einband, hervorragende Druckqualität und Fadenheftung sind Attribute, die heute nicht mehr selbstverständlich sind. Und unwillkürlich sieht man das Werk in Kinderzimmern, wo Papa es mit dem Erstgeborenen durchblättert und immer neue Geschichten erfindet oder auf die tollen Zeichnungen zeigt. Maximal läuft im Hintergrund noch die Musik Wagners. Oder du siehst schon die Aufkleber auf dem Buchrücken, weiße Zettel unter transparenter Klebefolie mit kryptischen Kürzeln, weil das Buch seit vielen Jahren Einzug in die Stadtbibliotheken gefunden hat.
Die Wagner-Liebhaber, die noch letzte Zweifel haben, werden auf die Seiten 44 bis 47 verwiesen. Da finden sich Erläuterungen zur Entstehung des Werks. Die dürften selbst den hartgesottensten Comic-Verweigerern Respekt abnötigen. Auch wenn Knesebeck sich das ordentlich bezahlen lässt.
Michael S. Zerban, 19.11.2013
|
|