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Buchbesprechung

Bravo, bravissimo! - Oper für Einsteiger


Autor



Der Autor Stefan Siegert arbeitet als freier Autor für den Rundfunk (WDR, SWR, SRF) und schreibt und zeichnet Sachbücher. Als Livezeichner und Moderator bringt er an der Seite von Puppenspielern und Musikern des Hamburger „Ensemble Resonanz“ eigene Kinderklassikprogramme auf die Bühne. Er schreibt und führt Regie beim „Holzwurm der Oper“, einem Opernführer für Kinder auf CD, von dem seit 1991 bislang zwanzig Folgen erschienen sind. Siegert lebt und arbeitet in Hamburg und am Schmalensee. .


Kaufinformationen

Stefan Siegert: Bravo, bravissimo! - Oper für Einsteiger

Reclam

ISBN 978-3-15-010931-1

Halbleinen, 224 Seiten, 20 Euro


Points of Honor                      

Buchidee

Stil

Erkenntnis

Preis/Leistung

Verarbeitung

Chat-Faktor


 

 

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Zauber der Erzählung

Allzu oft befassen sich Opernführer mit pseudosachlichen Inhaltsbeschreibungen und Einordnungsversuchen, die mindestens genau so oft niemanden wirklich interessieren. Stefan Siegert ist freier Hörfunkautor und liebt als solcher, Geschichten zu erzählen. Also versucht er einen neuen Zugang zur Oper für „Ausgebuffte und Zauderer, Altverliebte und Neueinsteiger“, indem er nicht die Inhalte der Opern beschreibt, sondern ihre Geschichten in einer wunderbaren Sprache erzählt. Das liest sich dann eher wie eine Gute-Nacht-Geschichte, die man auch mal den eigenen Kindern vorträgt, anstatt trockener Stoffe, die auch noch ohne Musikbeispiele eher Hustenreiz denn Verständnis schaffen.

Gewiss, das mit den Musikbeispielen schafft auch Bravo, Bravissimo! – Oper für Einsteiger nicht. Dafür muss der (Vor-)Leser schon selber sorgen. Aber beim Lesen der lebendigen, mit vielerlei wörtlichen Zitaten durchsetzten, unglaublich anschaulichen Geschichten bekommt man schon große Lust, mal in diese 17 Werke hinein zu hören, die Siegert da auf mehr als 200 Seiten nacherzählt. Ergänzt werden die Geschichten um „Dialoge“ zwischen dem Autor und seiner Kunstfigur, dem Holzwurm der Oper, der über fantastische Beziehungen beispielsweise zur Hofopernfachmotte Signora Mottadella in Italien oder seinem süßholzverliebten Vetter Timothy Drill in London verfügt. In diesen Zwiegesprächen ist Gelegenheit, die Oper historisch einzuordnen und die gängigen Anekdoten wiederzugeben. Allen Geschichten sind die sachlichen Angaben zu Urhebern der Werke, Besetzung, Genre und Uraufführungsdatum vorangestellt.

Schön für die Einsteiger ist, dass sie sich um solche Dinge ebenso wenig zu kümmern brauchen, wie sie wissen müssen, welche Rolle mit welchem Stimmfach besetzt ist. Einfach mal eintauchen in die verschiedenen Welten, die sich in dem handwerklich sehr gut gefertigten Buch eröffnen. In Halbleinen und Fadenheftung gebunden und geschmackvollen Farben gestaltet, hat das Buch mit den gelben Reclam-Heften natürlich nichts zu tun. Schade nur, dass auch hier bei ansonsten liebevoller Aufmachung das Kapitelband eingespart wird. Es ist und bleibt unverständlich, warum diese kleine, aber durchaus nützliche Lesehilfe so dermaßen aus der Mode gekommen ist, zeigt sie doch auch ein Stück weit die Wertschätzung, die der Verleger dem Leser oder der Leserin entgegenbringt.

Dass der passionierte Geigenspieler Siegert neben seiner Liebe zur Oper auch noch zeichnet, wird dem Nutzer des Werkes nicht vorenthalten. Er hat das Buch mit Illustrationen verziert, bei denen man immerhin staunt, was man mit so einem Grafiktablett, das der Hersteller dem Autor kostenlos zur Verfügung gestellt hat, wie zu lesen ist, alles veranstalten kann. Überflüssig sind die Illustrationen vor allem deshalb, weil Siegert so plastisch schreibt, dass es neben der eigenen Fantasie nicht auch noch die bildlichen Darstellungen braucht. Aber letztlich stören sie wohl auch niemanden.

Mal wieder endet auch in diesem Opernführer die Geschichte mit dem Ausgang des 19. Jahrhunderts. Und insofern bietet das Werk für Opernliebhaber wenig Originelles. Hier würde der „Ausgebuffte und Zauderer“ sich einen Folgeband wünschen, in dem Siegert sich dann genau so liebevoll der Bühnenwerke des 20. und 21. Jahrhunderts widmet. Denn auch für die Gegenwart gilt: „Es ist erstaunlich, wie viel Welt aus Phantasie und Musik entstehen kann.“ Und noch mehr dürfte der Schlusssatz des Holzwurms gelten: „Die seltsame Welt der Oper!“ Bei Stefan Siegert lebt sie immerhin mit den alten Meistern auf.

Michael S. Zerban, 6.12.2013