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Ungewöhnliches aus dem Orchestergraben
Goldene Klänge im mystischen Grund: den Titel muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Prosaischer, aber erhellender wird es beim Untertitel: Musikinstrumente für Richard Wagner. Beides betrifft eine Musikinstrumentenausstellung der Universität Leipzig sowie das zweisprachige Buch, das bei Koehler & Amelang erschienen ist. Mit seinem doppelseitigen Paperback-Umschlag umfasst es rund 110 Seiten und ist durchgängig vierfarbig gedruckt. Eine aufwändige Grafik, viele Freistellungen und zahlreiche Notenbeispiele unterstreichen den luxuriösen äußeren Eindruck des Buches. Das Geleitwort zur Ausstellungseröffnung stammt „selbstverständlich“ von Eva Wagner-Pasquier und ist hier als Vorwort nachzulesen. „Als musikalischer wie szenischer Praktiker von ungewöhnlichem Format und mit einem beispiellosen Erfindungsreichtum entdeckte Wagner nicht allein ungeahnte Möglichkeiten für seine Orchestersprache, sondern suchte zugleich nach gangbaren Wegen, diese auch technisch umzusetzen“, schreibt sie. Die Ausstellung – und damit das Buch – sollen zeigen, „wie intensiv er mit Musikern und Instrumentenbauern für Lösungen seiner Forderungen an den orchestralen Apparat zusammenarbeitete, wie produktiv diese Auseinandersetzungen waren und welche Resultate sie hervorbrachten“.
Dem Buch, dessen Idee ebenso wie ein großer Teil der Texte von Birgit Heise stammen, gelingt das in eher dürren Worten zu den einzelnen Instrumenten, denen häufig passende Zitate etwa von Cosima oder Richard Wagner, aber auch anderen Zeitgenossen vorangestellt werden. Ärgerlich wird die Knappheit der Texte dann, wenn sie beispielsweise bei der Firma Heckel auch noch redundant werden. So bleibt das Buch dann doch wieder eher Ausstellungskatalog. Dass zudem zwei Instrumentenbauer im Text himmelhoch gelobt werden und anschließend am Ende des Buches mit einer Anzeige werben, zugleich auch noch in der Sponsorenliste auftauchen, hinterlässt einen faden Geschmack. Hier wäre ein wenig mehr Feingefühl in der Trennung zwischen Redaktion und Werbung angebracht gewesen – bei allen Finanzierungszwängen, denen sich solche Projekte unterziehen müssen.
Inhaltlich überzeugen vor allen Dingen die gelungenen Instrumentenfotografien von Marion Wenzel. Und tatsächlich löst dieses Werk ein Versprechen ein, dass in diesem Jahr zwar von vielen Projekten behauptet, aber nur selten eingelöst wird: Es zeigt, vor allem für Nicht-Wagner-Kenner, einen neuen Aspekt seines Schaffens. Und man muss auch nicht Instrumentenbauer werden wollen, um sich für das vorliegende Buch zu interessieren. Es macht ja auch dem Laien Spaß zu erfahren, was es mit Wagnertuba, Tristan-Schalmei, Donnermaschine und Beckmesser-Harfe auf sich hat. So lohnt es sich durchaus, Goldene Klänge im mystischen Grund im Regal stehen zu haben, um es vor dem Besuch der nächsten Wagner-Oper noch einmal hervorzuholen und anschließend einen kenntnisreichen Blick in den Orchestergraben zu werfen – oder auch mal ganz genau hinzuhören.
Michael S. Zerban, 13.6.2013
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