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Buchbesprechung

Eindrucksvolle Bilder


Autor



Nikolaus Lehnhoff, geboren 1939 in Hannover, Studium der Theater- und Musikwissenschaften in München, ist ein international bekannter Opern-Regisseur.


Kaufinformationen

Birgit Pargner (Hg.):
Die Oper ist das Reich des Scheins - Inszenierungen von Nikolaus Lehnhoff

Henschel Verlag

ISBN 978-3-89487-774-3

Hardcover, 256 Seiten, 40 Euro


Points of Honor                      

Buchidee

Stil

Erkenntnis

Preis/Leistung

Verarbeitung

Chat-Faktor



 

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Opulente Detailfreude

Die Versuche, das Lebenswerk eines Künstlers in angemessener Weise darzustellen, sind ungezählt. Wer sich bereits zu Lebzeiten selbst um eine Präsentation kümmert, darf nicht einmal auf Vollständigkeit hoffen. In Zusammenarbeit mit Birgit Parger, stellvertretende Direktorin am Theatermuseum München, hat sich Nikolaus Lehnhoff an die Arbeit gemacht, sein künstlerisches Schaffen über mehr als 40 Jahre zu dokumentieren.

Lehnhoff, 1939 in Hannover geboren, studierte Theater- und Musikwissenschaften, ehe er 1962 nach Promotion Regieassistent wurde. Vor allem seine Assistenz bei Wieland Wagner habe ihn geprägt, sagt der weltweit tätige Regisseur.

Welche Folgen das hatte, zeigt der Opernkünstler in seinem opulenten, mehr als 250 Seiten umfassenden, großformatigen Bildband Die Oper ist das Reich des Scheins. Lehnhoff verzichtet von vornherein auf einen Vollständigkeitsanspruch, sondern konzentriert sich auf 30 Opern, die er selbst zweisprachig kommentiert.

In erster Linie aber lässt er Bilder sprechen, mal bunt, mal dramatisch schwarz-weiß. Und das in einer Ausstattung, wie sie aufwändiger kaum sein könnte. Schweres Papier, sorgsam gebunden, zeigt oft Fotos mit Beschnitt. Die Schrift ist in rot und schwarz gesetzt. Der Einband ist zusätzlich von einem Schutzumschlag umgeben.

Mehr noch als das Handwerk aus dem Hause Henschel besticht die liebevolle Bildauswahl. Ohne die Fotografien in ein vorgegebenes Layout-Raster zu pressen, zeigt sich hier, was das Gesamtwerk Lehnhoffs ausmacht. Mal ist es das opulente, ja, gewaltige Bühnenbild, mal ist es die Detailversessenheit in der Personenführung. Herrscht zuvor noch Zweifel, ob es wirklich gelingt, in dem Bildband die Regie-Leistung zu zeigen statt der eindrucksvollen Bühnenentwürfe von Künstlern wie Günther Uecker, selbstverständlich Raimund Bauer, Erich Wonder oder Suzan Pitt, wird schon bei den ersten Bildern klar, welchen Einfluss Lehnhoff hier genommen hat.

Die Fotografien an sich sind mitunter atemberaubend. Da ist ein kleiner Wermutstropfen, dass man sie den Fotografen wie Hermann und Clärchen Baus, Andreas Birkigt, Matthias Creutziger oder Bernd Uhlig nur schwer zuordnen kann, indem man im Fotonachweis auf der vorletzten Seite suchen muss.

Wer nach dem Genuss dieses Buches Lust bekommen hat, die Bilder in Bewegung zu sehen, hat es leichter. Im Inszenierungsverzeichnis sind die zahlreichen Produktionen gekennzeichnet, die auch als DVD oder Blue-ray erhältlich sind.

Nikolaus Lehnhoff und Birgit Pargner ist ein großer Wurf gelungen. Sie zeigen Beispiele aus dem Lebenswerk des heute 76-Jährigen, die dem Betrachter das Gefühl vermitteln, anschließend verstanden zu haben, was das Übergeordnete, aber auch die Tiefe dieses künstlerischen Schaffens ausmacht. Ein Buch, das man mehr als einmal aus dem Bücherregal nehmen wird, um sich vom Reich des Scheins beeindrucken zu lassen.

Michael S. Zerban, 12.7.2015