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Buchbesprechung

Sehr sympathisch


Autor



Thomas Voigt, geboren 1960, ist freier Autor, Journalist, Filmemacher und Sänger-Coach. Für seine Biografien und TV-Dokumentationen wurde er mit der Gottlob-Frick-Medaille in Gold ausgezeichnet.


Kaufinformationen

Thomas Voigt: Jonas Kaufmann

Henschel Bärenreiter

ISBN 978-3-89487-938-9

Hardcover, 240 Seiten, 23 Euro


Points of Honor                      

Buchidee

Stil

Erkenntnis

Preis/Leistung

Verarbeitung

Chat-Faktor


 

 

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Erfrischend anders

Ab einem gewissen Grad der Bekanntheit scheint es für Sängerinnen und Sänger ein unausweichliches Ereignis, eine Biographie zu veröffentlichen. Meist geschieht das in Form einer mehr oder minder schlecht verfassten „Autobiographie“, die irgendein Geisterschreiber verfasst. Das liegt nahe. Ein Sänger hat gelernt zu singen, nicht zu schreiben. Wenn dann die berühmte Sängerin auch noch verlangt, bestimmte Dinge, wie etwa das Familienleben, nicht zu erwähnen, ist die Langeweile über in der Regel 200 Seiten vorprogrammiert. Für die Anhänger eines solchen Künstlers immerhin eine Chance: Können sie doch mit Fug und Recht darauf hinweisen, dass sie das Buch selbstverständlich gelesen haben, aber ganz genau wissen, wo die Lücken sind – und diese auch im vertraulichen Gespräch gern füllen.

Da ist das Buch über Jonas Kaufmann, das jetzt in zweiter Auflage und ergänzt bei Bärenreiter Henschel erschienen ist, eine glanzvolle Ausnahme. Tenor Kaufmann behauptet gar nicht erst, eine Autobiographie geschrieben zu haben, sondern lässt das Buch von Thomas Voigt verfassen, der bereits die viel beachtete Biographie Erzwungenes Glück von Edda Moser schrieb. Zudem ist Voigt der PR-Mann des Sängers, sollte also über intimere Kenntnisse des Lebens von seinem Schützling verfügen.

Da erweist sich Voigt auch als äußerst kenntnisreich. Und er schreibt nicht einfach die Biografie, von der inzwischen wirklich jeder weiß, dass es nur darum geht, Geld zu verdienen, sondern greift auf eine Mischung journalistischer Mittel zurück – und macht so das Buch zu einem lesenswerten Ereignis.

Auf den 240 Seiten des hochwertig gebundenen Werks finden sich ausgesprochen lesenswerte Passagen über das Leben des Sängers, Interview-Einlagen, die Jonas Kaufmann selbst zu Wort kommen lassen, aber auch Einsprengsel von Interviews mit anderen Berühmtheiten. Da kommen Nathalie Dessay, Antonio Pappano oder auch Helmut Deutsch zu Wort. Deutsch, einer der berühmtesten Liedbegleiter der Welt, verbindet mit Kaufmann mehr als ein berufliches Verhältnis. „Wir haben mittlerweile sehr viele Liederabende zusammen bestritten, aber mir würde jetzt kein Beispiel einfallen, wo wir wirklich gegensätzlicher Auffassung waren und wo es zu einem Kräftemessen kam.“ Im persönlichen Gespräch, das nicht im Buch zu finden ist, verrät er, was er neben der langjährigen Freundschaft mit Kaufmann besonders schätzt: Seine Kochkunst.

Auch Anja Harteros ist dem Tenor in langer Freundschaft und Zusammenarbeit verbunden. Sie lernte ihn als „jungen Schnösel“ kennen und als wertvollen Partner auf der Bühne schätzen. Das Gespräch zwischen den beiden klingt ein bisschen jovial, fügt sich aber gut in den Gesamtreigen des Buchs ein.

Insgesamt ist ein überaus achtenswertes Buch entstanden, das nicht nur die Anhänger von Kaufmann interessieren dürfte und über den Tag hinaus reicht. Zur Komplettierung dieses Buchs tragen neben zahlreichen Fotografien nicht nur ein Überblick über sein bisheriges Gesamtwerk, sondern auch ein Verzeichnis der Kurzbiografien seiner Gesprächspartner und ein Personenregister bei. Insgesamt also eine runde Sache.

Ach so, die Privatsphäre. Hier ziert sich Kaufmann nicht. Und dass er seine Geschiedene dann nicht näher beleuchtet, ist aller Ehren wert. Am Ende bleibt ein umfassendes Werk, das auch beim Kritiker den Weg ins Buchregal findet.

Michael S. Zerban, 29.3.2015